Totalumbau in Österreichs Immobilienszene

APA
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Der russische Investor Boris Mints interessiert sich nach der CA Immo auch für die Immofinanz. Deutsche Investoren wollen die Conwert. Die niedrigen Kurse machen die heimischen Immobiliengesellschaften attraktiv.

Wien. Die Reaktion ließ nicht lang auf sich warten: Nur wenige Stunden, nachdem „Die Presse“ exklusiv berichtet hat, dass die russische O1-Gruppe Interesse an einem Einstieg bei der Immofinanz zeigt, bestätigten die O1 und die CA Immo die Kaufgelüste. An der CA Immo hat die O1-Gruppe von Boris Mints erst vor Kurzem 26 Prozent erworben. „Wir evaluieren die Übernahme von 15 Prozent der Aktien an der Immofinanz zu einem Preis nahe dem derzeitigen Kurs“, gaben die Partner Mittwochfrüh bekannt.
Der russische Oligarch Mints ist nicht der Einzige, der Österreichs Immobilienwirtschaft ins Visier genommen hat. Erst vor Kurzem hat die Deutsche Wohnen AG ein Übernahmeangebot für die Conwert gelegt. Auch wenn die Ausrichtung der Unternehmen unterschiedlich ist – es scheint, als würde in der heimischen Immobilienwirtschaft kein Stein auf dem anderen bleiben. „Die Presse“ beantwortet dazu die wichtigsten Fragen.

1 Was macht heimische Immobilienunternehmen wie die Immofinanz so interessant?

Sie sind billig. Mit Ausnahme der Buwog notieren alle unter ihrem Nettovermögenswert (NAV). Das bedeutet, dass sie an der Börse günstiger sind als der Wert ihrer Immobilien. Anders gesagt: Kauft man das ganze Unternehmen, erhält man die Immobilien mit einem Rabatt. Das hat freilich Gründe. Bei der Immofinanz ist es das hohe Russland-Exposure. Die Immofinanz hat 25 Prozent ihres Immobilienvermögens in Russland, 30 Prozent der Mieteinnahmen kommen von dort. Die Russland-Krise hatte die Aktie in den vergangenen Monaten schwer unter Druck gebracht. Anleger fürchteten Druck auf die Mieten wegen des Rubel-Verfalls (die Mieten sind meist in Euro zu entrichten). Doch die russische O1-Gruppe schätze das Risikoprofil der Immofinanz offenbar anders ein als andere Investoren, meint Thomas Neuhold, Analyst bei Kepler Cheuvreux.

2 Sind auch noch andere Unternehmen Übernahmeziele?

Das niedrige Zinsumfeld begünstige generell Übernahmen, erklärt Neuhold. Alle österreichischen Immobiliengesellschaften sind derzeit günstig. Das treffe nicht nur auf jene zu, die unter dem NAV notieren (Immofinanz, CA Immo, S-Immo, Conwert), sondern auch auf die Buwog: Verglichen mit deutschen Unternehmen sei diese ebenfalls günstig. Die Buwog (sie ist im vergangenen April von der Immofinanz abgespaltet worden) besitzt Wohnungen in Deutschland und Österreich.

3 Ist eine Fusion von CA Immo und Immofinanz sinnvoll?

Eine Bündelung der beiden Unternehmen wäre strategisch durchaus sinnvoll. Dadurch würde ein Schwergewicht im Bereich Büro- und Gewerbeimmobilien entstehen, das sowohl in Ost- als auch in Westeuropa aktiv ist. Die CA Immo hält vor allem Gewerbeimmobilien in Deutschland, Österreich und Osteuropa. Die Immofinanz selbst wollte sich an der CA Immo beteiligen, ihr fehlten aber die finanziellen Mittel.

4 Was bedeutet eine Übernahme bzw. ein neuer Großaktionär für die Aktionäre?

Übernahmegerüchte bzw. -absichten beflügeln immer die Kurse. Die Papiere der CA Immo verteuerten sich während des Angebots um 20 Prozent. Mints bot letztlich 18,50 Euro je Aktie. Das entsprach 85 Prozent des NAV. Bei der Immofinanz (der NAV liegt derzeit bei 4,48 Euro) entspräche dies vergleichsweise einem Preis von 3,80 Euro je Aktie. Mints will vorerst rund 2,51 Euro bieten. „Das ist lächerlich“, sagt Immofinanz-Chef Eduard Zehetner. Er hält vier Euro für angemessen, zumal er davon ausgeht, dass der Kurs noch weiter steigen wird. „Allein unsere Größe, die Profitabilität und der Cashflow rechtfertigen einen deutlichen Zuschlag“, meint Zehetner. Auch Analyst Neuhold meint, dass es mit diesem Angebot schwierig werden könnte, die 15 Prozent zu bekommen. Denn selbst ohne Russland-Immobilien wäre die Aktie 3,40 Euro wert. Zudem habe die Immofinanz solide Finanzdaten. Auch einigen Conwert-Aktionären sind die von der Deutsche Wohnen gebotenen 11,50 Euro zu gering. Die Conwert-Aktie ist inzwischen auf 12,40 Euro gestiegen. Die Immofinanz-Aktie schoss am Mittwoch zeitweise auf 2,80 Euro und damit ebenfalls deutlich über den gebotenen Preis.

5 Warum gehen Mints und die CA Immo mit einem so niedrigen Preis ins Rennen?

Zehetner bezeichnet das aktuelle Angebot als „Selbstverteidigungsmaßnahme“. Die sei notwendig geworden, nachdem „Die Presse“ die Pläne publik gemacht habe. Das Börsengesetz sieht nämlich vor, dass ein Bieter für ein tatsächliches Angebot ein halbes bis ein Jahr gesperrt wird, wenn er anlässlich von Gerüchten sein Interesse dementiert.

6 Ist die Russland-Krise nicht ein Grund, die Hände von der Immofinanz zu lassen?

Boris Mints stehe dem Moskauer Machtzentrum nahe, meint Zehetner. Möglicherweise wisse er daher mehr über die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Sein Wunsch könnte darauf hindeuten, dass sich die Lage entspannt und bessert.

7 Warum will Mints dann nur 15 Prozent an der Immofinanz?

Er will mehr, nämlich 26 Prozent – so viel besitzt die O1-Gruppe auch bei der CA-Immo. Beobachter schließen nicht aus, dass Mints schon zehn Prozent besitzt. Mit einer Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) hat ein Aktionär in einer Hauptversammlung Gewicht und kann wichtige Entscheidungen mitbestimmen.

>>Mehr Artikel zum Thema: CA Immo zahlt keinen "strategischen Aufschlag" für Immofinanz

("Die Presse", Printausgabe vom 26.2.2015)

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