USA: Obamas Veto erbost Republikaner

President Obama Meets Defense Secretary Ashton Carter In The Oval Office
President Obama Meets Defense Secretary Ashton Carter In The Oval Office(c) Bloomberg (Andrew Harrer)
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Der Präsident reizt mit der einen Hand seine Amtsbefugnisse aus, während er sie mit der anderen beschneidet. Die Republikaner toben so oder so.

Washington. Zwei knappe Absätze ist Amerikas brisantestes politisches Dokument der Stunde lang. In zwölf Zeilen teilte Präsident Barack Obama am Dienstag dem Senat der Vereinigten Staaten mit, dass er von seinem verfassungsmäßigen Recht des Vetos Gebrauch mache und Gesetzesvorhaben zum Bau einer umstrittenen Ölleitung ablehne. Ohne die präsidentielle Unterschrift kann der gegenständliche „Keystone XL Pipeline Approval Act“ nicht Gesetz werden. Somit ist der Bau dieser rund 2700 Kilometer langen Pipeline, die Öl aus Kanada zu den Raffinerien an der Golfküste hätte transportieren sollen, für ungewisse Zeit auf Eis gelegt.

Sechs Jahre währte der Streit um diese Leitung, ebenso lang prüfte das Außenministerium die Auswirkungen auf Umwelt, Arbeitsmarkt und Energiewirtschaft, ohne ein abschließendes Urteil zu fällen. Befürworter und Gegner überboten einander mit Argumenten, die nicht immer den Tatsachen entsprachen. Die Behauptung der Öllobby, Keystone XL würde zehntausende dauerhafte Arbeitsplätze schaffen, war haltlos. Nach Ende der Bauarbeiten würden voraussichtlich nur 35 ständig beschäftigte Ingenieure sich um den Betrieb der Leitung kümmern müssen, befand das Außenministerium in einer Analyse, die von den mehrheitlich republikanischen Befürwortern nicht wesentlich angezweifelt wurde.

Im Gegenzug war die Warnung der Umweltschützer, der Bau von Keystone XL würde quasi den letzten Sargnagel in die Bemühungen gegen den menschengemachten Klimawandel einschlagen, ebenso überzogen. Schon jetzt kauft vor allem China enorme Mengen an kanadischem Öl aus Teersanden, das unter großer Umweltzerstörung gewonnen wird. Nichts hindert die Kanadier, das für Keystone XL bestimmte Produkt nach Westen statt nach Süden abzusetzen.

„Imperator“ und „Stalinist“

Obamas Einspruch gegen die Ölpipeline ist das dritte Veto seiner Amtszeit. Laut der Statistik des Senats hat kein Präsident seit der Mitte des 19. Jahrhunderts so selten zu diesem letzten Mittel im Gesetzgebungsprozess gegriffen, wenn man James Garfield ausklammert, der knapp nach seinem Amtsantritt 1881 ermordet wurde.

Dennoch bemühen die Republikaner sich bereits seit Monaten, Obama als absolutistischen Herrscher zu stilisieren, der in Missachtung seiner Rechte freimütig mit dem Veto herumfuchtelt; Obama musste sich von rechter Seite ebenso als „Imperator“ wie als „Stalinist“ verunglimpfen lassen. Von den bisher letzten zehn Präsidenten legten allerdings Republikaner deutlich mehr Vetos als Demokraten ein. George W. Bush tat das zwölfmal, Richard Nixon Ronald Reagan 39-mal, Gerald Ford gar 48-mal, obwohl er nur eine Amtszeit lang im Weißen Haus regierte.

Die Frage, wie oft ein Präsident ein Gesetz zu unterzeichnen verweigert, hängt von den Verhältnissen im Kongress ab. Obama konnte von 2009 bis jetzt auf Harry Reid setzen, der als demokratischer Mehrheitsführer im Senat unliebsame Gesetzesvorhaben aus dem republikanischen Abgeordnetenhaus einfach nicht behandelte oder in Ausschüssen verenden ließ. Seit Jahresbeginn haben die Republikaner auch im Senat die Mehrheit, und Reid kann nicht mehr den legislativen Türsteher spielen.

Das erklärt auch, wieso Obama seine politischen Vorhaben zusehends mit präsidentiellen Verordnungen umzusetzen versucht, wie zum Beispiel in der Frage der Zuwanderung; auf die Zusammenarbeit des Kongresses setzt er in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit nicht mehr. Zugleich aber bemüht der Präsident sich, seine exekutive Gewalt zu beschneiden. Obama schlägt dem Kongress vor, das militärische Vorgehen gegen den Islamischen Staat auf drei Jahre zu begrenzen und ihm sowie seinem Nachfolger den Einsatz von Bodentruppen zu verbieten. Das empört die Republikaner ebenso wie seine angebliche „Vetokeule“. Schließlich wollen sie im Fall des Einzugs eines der Ihren ins Weiße Haus ab 2017 freie Hand im Kampf gegen die Terroristen haben.

AUF EINEN BLICK

Die Keystone-XL-Pipeline sollte Öl, das in Kanada mit starker Umweltzerstörung aus Teersand gewonnen wird, zu den Raffinerien an der Golfküste transportieren. Beide Kammern des Kongresses stimmten einem Gesetz zu, das den Bau erlaubt hätte, doch Präsident Barack Obama legte am Dienstag ein Veto dagegen ein, das dritte seiner Amtszeit. Kein Präsident seit Millard Fillmore (1850–1853) hat so selten zu diesem Rechtsmittel gegriffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2015)

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Das Bauvorhaben war zuvor in beiden Kongresskammern mit deutlicher Mehrheit genehmigt worden.

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