Obama in Straßburg: USA wollen mehr Rechte für Nato

(c) Reuters (Philippe Wojazer)
  • Drucken

Der US-Präsident wird von jubelnden Menschen im Elsass empfangen. Sein Sicherheits-Berater will, dass die Nato in Zukunft auch vorsorglich eingreifen kann. Die gegenwärtige Strategie sei veraltet.

Die USA fordern eine völlig neue Nato. "Wir brauchen eine neu geschaffene, neu definierte Nato", sagte US-Sicherheitsberater James Jones kurz vor Beginn des zweitägigen Nato-Jubiläumsgipfels am Freitag in Straßburg, Kehl und Baden-Baden. US-Präsident Barack Obama traf am Vormittag mit seiner Frau Michelle in Straßburg ein. Sein erster Termin war ein Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dessen Frau Carla Bruni. Obama wurde in der Innenstadt von jubelnden Bürgern empfangen, eine junge Frau küsste den US-Präsidenten auf die Wange.

Mit Obama-Sprechchören und begeistertem Applaus entboten rund 500 ausgewählte Straßburger dem amerikanischen Präsidenten einen Willkommensgruß. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen war Obama am späten Vormittag mit seiner Frau Michelle in der Innenstadt angekommen, wo Sarkozy und dessen Frau Carla das Paar empfingen. Beide Politiker zogen sich zu ihrem ersten bilateralen Treffen im Palais Rohan der elsässischen Hauptstadt zurück. "Es ist gut, hier zu sein", sagte Obama zu Sarkozy. Beide tauschten Wangenküsschen aus, ebenso die beiden Frauen. Obama schüttelte einigen Bürgern die Hand. Trotz Verbots hatten einige Schaulustige US-Flaggen mitgebracht.

"Nato muss schneller und beweglicher werden"

US-Sicherheitsberater Jones forderte, die transatlantische Militärallianz müsse "schneller und beweglicher" werden und bei Konflikten auch vorsorglich eingreifen dürfen. Die derzeit gültige Strategie stammt von 1999. Jones zufolge ist sie noch ein Konzept des Kalten Krieges. Die Existenz des Bündnisses müsse neu begründet werden - sowohl der Öffentlichkeit als auch "potenziellen Feinden" gegenüber, sagte der frühere Nato-Oberbefehlshaber. Die Nato brauche eine "neue strategische Vision" und sie benötige "eine Überholung und eine Modernisierung".

Im Ringen um die Nachfolge des im Juli scheidenden Nato-Generalsekretärs Jaap de Hoop Scheffer will die Türkei die Entscheidung über die Kandidatur des dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen offenbar vertagen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigte laut Fernsehsender CNN-Türk seine Kritik an Rasmussen. Bei einem Vortrag in London habe Erdogan am Freitag erklärt, er sehe Rasmussen "negativ". Hintergrund ist die Rolle Rasmussens bei den umstrittenen Mohammed-Karikaturen der Zeitung "Jyllands-Posten" im Jahr 2005.

Kwasniewski will Sikorski als Nato-Chef

Polens früherer Präsident Aleksander Kwasniewski warb unterdessen für den polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski als Kandidat. "Polen hat mit Radoslaw Sikorski einen hervorragenden Kandidaten im Rennen", sagte Kwasniewski in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die Nato vernachlässigt seiner Ansicht nach bei der Besetzung von Spitzenämtern die osteuropäischen Mitgliedsstaaten. "Osteuropa darf nicht nur Zuschauer sein, Osteuropa muss Mitspieler werden." Kwasniewski äußerte sich auch skeptisch zu den Bemühungen der Nato um eine bessere Beziehung zu Russland. Er mahnte, die osteuropäische Länder dürften nicht vernachlässigt werden. "Nato-Politik muss im Zweifel auch gegen den Willen Russlands möglich sein."

Am Nachmittag wurden die Obamas in Baden-Baden zum ersten Deutschland-Besuch nach der Präsidentenwahl in den USA erwartet. Sie sollten auf dem historischen Marktplatz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit militärischen Ehren empfangen werden. Die CDU-Chefin wollte mit dem US-Präsidenten im Rathaus der Kurstadt sprechen. Der eigentliche Gipfel beginnt am Abend mit einem Arbeitsessen in Baden-Baden, Merkel und Sarkozy wollten die Delegationen gemeinsam empfangen. Zu ihren politischen Beratungen kommen die Staats- und Regierungschefs am Samstag im Straßburger Kongresszentrum zusammen.

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Nato: Rasmussen neuer General-Sekretär

Der dänische Minister-Präsident Anders Fogh Rasmussen wird mit 1. August den Niederländer Jaap de Hoop als General-Sekretär der Nato ablösen. Die Afghanistan-Truppen werden verstärkt.
Rasmussen und Merkel
Außenpolitik

Türkische Tänze um den Nato-Chef

Nach langem Widerstand duldete auch Ankara den Dänen Rasmussen als Generalsekretär.
Nato
Außenpolitik

Nato-Gipfel: Die Ergebnisse

Die NATO hat sich auf dem Jubiläumsgipfel zum 60. Jahrestag ihrer Gründung auf einen neuen Generalsekretär geeinigt und ein neues strategisches Konzept auf den Weg gebracht. Hier ein Überblick.
Gastkommentar

Gastkommentar: "Revival des Nationalismus"

Die NATO wird 60 - und leidet unter leichten Erweiterungsstörungen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.