Neos im Vorwahlkampf-Modus

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Mündige Schule, bessere Bürgerbeteiligung, Förderungen für Start-ups - die pinke Partei stimmt sich auf die Oktoberwahl ein. Ein Gespräch mit Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

Wien. Dass die Wiener Gemeinderats- und Landtagswahlen jetzt doch erst im Oktober stattfinden ist für die Neos eher ein Vor- denn ein Nachteil. „Mehr Zeit ist gar nicht so schlecht“, meint die Wiener Landessprecherin Beate Meinl-Reisinger im Gespräch mit der „Presse“. Denn die pinke Partei ist gerade erst dabei, ihren Wiener „Ableger“ fit für den Wahlkampf zu machen: Vor wenigen Tagen ist bei einem Wahlkonvent die Kandidatensuche für mögliche Gemeinderatsmandatare abgeschlossen und die Liste fixiert worden. Meinl-Reisinger wurde dabei selbst offiziell als Spitzenkandidatin bestätigt. „Wir haben eine junge Liste – und unter den ersten 20 sind 50 Prozent Frauen“, betont die Neos-Chefin. „Und das ohne Quote.“

Jedenfalls beginnen diese Woche die inhaltlichen Trainings für die Kandidatinnen. Zudem werden die Positionspapiere, die rund 100 Seiten stark sind, auf ein Wahlprogramm heruntergebrochen. Kommende Woche wird dann mit den ersten Vorkampagnen gestartet.

Und was ist das Wahlziel? „Ich habe immer gesagt, wir wollen das beste Landesergebnis erreichen“, sagt Meinl-Reisinger. Also die Neos in Vorarlberg, die 6,9 Prozent erreicht haben, übertrumpfen. Derzeit stehen die Neos laut diversen Partei- und Medien-Umfragen bei sieben Prozent. Vorarlberg wäre im Moment also einmal eingestellt.

Dass das so bleibt oder mehr wird, soll durch verstärkte Bekanntheit der Kandidaten erreicht werden (Meinl-Reisinger: „Dazu muss ich wohl etwas populistischer werden, was mir gar nicht liegt“) sowie mit den Schwerpunktthemen, mit denen die Wähler angesprochen werden sollen.

Weniger Politik in der Schule

Welche sind das? „Bildungsthemen werden im Vordergrund stehen“, sagt Meinl-Reisinger. Die momentanen Diskussionen über die Neue Mittelschulen seien daher gut, weil es eine allgemeine Aufmerksamkeit gebe. „Wir haben zu dem Thema ein sehr ausgereiftes Konzept.“ Dieses sehe im Kern weit mehr Autonomie für die Schulen vor – sowohl personell als auch didaktisch und finanziell. „Wir nennen sie mündige Schule.“

Wichtig sei die Zurückdrängung der Politik. Die Abschaffung des Stadtschulrates ist eine ihrer Forderungen. Man solle dafür Bildungsregionen schaffen, wo eine unabhängige Bildungsagentur das Sagen habe. Auch Wien könne so eine Bildungsregion, sogar eine Modellregion werden. Das Ziel solle eine mittlere Reife sein, also ein formeller Bildungsabschluss mit 14, so wie in Skandinavien. Zur derzeitigen Debatte über mehr Kompetenzen der Länder für die Lehrer hat die Wiener Neos-Chefin eine eindeutige Meinung: „Eine weitere Verländerung halte ich für falsch.“

Ein anderer Schwerpunkt der Wiener Neos ist die Förderung des Unternehmertums. Wien müsse da attraktiver werden, den jungen Unternehmen mehr Start-Chancen bieten. Bei der Förderung müsse umgedacht werden: Diese solle weniger auf finanzielle Leistungen beruhen, sondern auf das Zur-Verfügung-Stellen von Infrastruktur. So gebe es in den Stadtbahnbögen bei der Spittelau noch viele Möglichkeiten, dort kreative Start-ups einzuquartieren. Detail am Rande: Bei der jüngsten Wirtschaftskammerwahl haben in Wien die Unos, die Vertreter der pinken Wirtschaft, überraschend gut abgeschnitten.

Echte Bürgerbeteiligung

Auch das Thema Bürgerbeteiligung wird ein wichtiges Wahlkampf-Thema der Wiener Neos sein. Echte Beteiligung fordern sie: „Es geht darum, dass es Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe sein muss.“ Es sollte schon in den Bezirken Bürger-Anlaufstellen geben. Außerdem sollte es mehr Mitbestimmung beim Budget geben. Meinl-Reisinger fordert zum Beispiel mehr Budget-Transparenz. Dann wisse man besser, wo die Schulden der Stadt Wien versteckt seien.

Zum Thema Mariahilfer Straße sagt die Neos-Chefin: „Eigentlich bin ich ja dafür, aber dort passiert derzeit überhaupt nichts Spannendes, nichts Urbanes. Das ist jetzt nur eine verkehrsberuhigte Konsummeile.“

Und wie stehen die Neos zur Rückkehr der Gemeindebauten, die Bürgermeister Häupl vor Kurzem groß angekündigt hat? „Die öffentliche Hand hat sicher die Aufgabe, leistbares Wohnen zu schaffen.“ Aber was in Rust gesagt worden sei, sei eine reine PR-Aktion. Außerdem stößt sich Meinl-Reisinger an der Aussage Häupls, dass er das „mit Freunden machen wird“. Das klinge wohl sehr stark nach Freunderlwirtschaft.

AUF EINEN BLICK

In Wien finden am 11. Oktober die Gemeinderats-, Landtags- und Bezirksvertretungswahlen statt. Erstmals treten dabei die Neos an. Die erst gut zwei Jahre alte Partei ist im Nationalrat vertreten, im Bregenzer Landtag sowie in einigen Gemeinden. Nach anfänglicher Euphorie hat die Partei laut Meinungsumfragen zuletzt an Schwung verloren. Die Wien-Wahl ist daher für die Neos, die stark auf urbane Wähler setzen, ein entscheidender Meilenstein. Vor wenigen Tagen wurde die Kandidatenliste fixiert und Beate Meinl-Reisinger als Spitzenkandidatin bestätigt. Jetzt wollen sich die Neos in den Wahlkampf stürzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2015)

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