Formel 1: Red Bull hat sich dem Jugendwahn verschrieben

FORMULA 1 - Testing in Barcelona
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Das Durchschnittsalter der vier Piloten bei Red Bull Racing und Toro Rosso beträgt gerade einmal 20,5 Jahre. Mangelnde Erfahrung spielt für Berater Helmut Marko dabei keine Rolle. „Wir spielen nicht Lotto, wissen, was wir tun.“

Melbourne. Red Bull setzt 2015 in der Formel-1-WM komplett auf die Jugend. Beim mehrfachen Weltmeisterteam Red Bull Racing wurde der 20-jährige Russe Daniil Kwjat als Nachfolger für Sebastian Vettel neben Daniel Ricciardo (25) geholt. Das italienische Zweitteam Toro Rosso geht überhaupt mit zwei jungen Debütanten in die Saison. Der Spanier Carlos Sainz jr. ist 20, der Niederländer Max Verstappen erst 17.

Letzterer avanciert am Sonntag beim WM-Start in Melbourne zum jüngsten Formel-1-Piloten der Geschichte. Damit wird der am 30. September 1997 in Belgien geborene Niederländer den Spanier Jaime Alguersari (war beim Debüt für Toro Rosso 19 Jahre alt und damit ebenfalls ein Red-Bull-Fahrer) ablösen. Insgesamt sind die vier Piloten der beiden Teams von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz zusammen nur 14 Jahre älter als das McLaren-Duo Fernando Alonso (33) und Jenson Button (35). Alle vier Jungbullen entstammen dem Motorsport-Juniorenteam, das der Getränkekonzern seit vielen Jahren unterhält, und aus dem es mittlerweile schon einige Piloten bis ganz nach oben geschafft haben. Vettel feierte seinen ersten GP-Sieg bei Toro Rosso und wurde danach mit der austro-englischen Equipe Red Bull Racing viermal in Folge Weltmeister.

Beide Toro-Rosso-Youngsters sind Söhne bekannter Motorsport-Väter. Verstappens Papa Jos war einst Teamkollege von Michael Schumacher in der Formel 1, Carlos Sainz sen. wurde in den 1990er-Jahren zweimal Rallye-Weltmeister und gewann 2010 die Dakar. Mit Verstappen geht ein 17-jähriger Teenager an den Start, der noch kein eigenes Auto und noch keinen vollwertigen Führerschein besitzt. Zu Medienterminen musste ihn im vergangenen Herbst noch sein Vater fahren. Und Boyracer Verstappen wird wohl bis auf Weiteres der jüngste Formel-1-Pilot bleiben. Seinetwegen hat die FIA die Einführung eines Alterslimits von 18 Jahren für den Erhalt der Superlizenz sowie eines Punktesystems als Befähigungsnachweis auf 2016 verschoben. Bei Red Bull ist man sich sicher, keinem Jugendwahn zu unterliegen.

„Wir spielen nicht Lotto, wir wissen, was wir tun“, hat Motorsport-Berater Helmut Marko schon vergangenen September erklärt. Vielmehr verglich Marko den jungen Verstappen sogar mit Formel-1-Legende Ayrton Senna. Ein Vorschusslob, das dem von der Formel 3 direkt in die Königsklasse aufgestiegenen Supertalent Verstappen nicht zu Kopf steigen wird.

„Dann hört das Gerede auf“

Denn der in Belgien geborene Youngster hat Motorsport im Blut. Auch Mama Sophie war eine schnelle Kart-Pilotin. „Es ist nett, wenn Herr Marko das sagt. Es erzeugt aber keinen zusätzlichen Druck“, ging Verstappen jr. mit der Huldigung relativ gelassen um. Wiewohl ihn die Diskussion über sein Alter offensichtlich ärgert. „Irgendwie kann ich die Reaktionen ja verstehen. Ich möchte versuchen, in den ersten Rennen keine Fehler und einen möglichst guten Job zu machen. Dann hört das Gerede über mein Alter rasch auf“, hat sich Verstappen vorgenommen.

Zumindest bei den Wintertestfahrten hat er bereits bewiesen, dass er reifer und erfahrener ist, als viele Beobachter glauben. Für sein erstes Grand-Prix-Wochenende in Australien hat er sich bereits einen Plan zurechtgelegt. „Ich werde im Training ruhig loslegen, im Qualifying zur Stelle sein und dann versuchen, im Rennen ins Ziel zu kommen. Hoffentlich auf den Punkteplätzen.“ So oder so wird Verstappen allein aufgrund seines Alters am Sonntag Geschichte schreiben.

Teamkollege Carlos Sainz schien nach dem Verstappen-Engagement den Sprung in die Formel 1 bereits verpasst zu haben. Erst als Vettels Wechsel zu Ferrari fix war und Kwjat zu Red Bull Racing aufstieg, war auch für ihn der Weg zur STR frei. Sainz' Vorbild ist Fernando Alonso. „Als ich neun oder zehn war, ist er in Spanien gerade richtig groß geworden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2015)

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