Gründerinnen: Frauen denken oft zu klein

Beate Wachter
Beate WachterDie Presse
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In der heimischen Start-up-Szene haben Gründerinnen noch Seltenheitswert. Wie sich Frauen anders behaupten als Männer, und was man von ihnen lernen kann.

Wer schon einmal in Österreich auf einem Start-up-Event war, weiß, dass Frauen dort stark in der Minderheit sind. Woher sollten sie auch kommen? Nur zwölf Prozent Frauen sind laut dem Start-up-Report 2013 in der heimischen Szene tätig. Auch wenn die Zahl mittlerweile etwas gestiegen sein dürfte, viel ist das nicht.

Es ist ein Bild, das im Kleinen widerspiegelt, was im Großen längst bemängelt wird: Frauen gründen weniger, und es gibt weitaus weniger Frauen als Männer in Führungspositionen. Denn Chefsein ist noch immer Männersache. Wenn es da nicht Ausnahmen gäbe: Die Schönheits- und Beautyindustrie ist fest in Frauenhand. 2012 wurde die Kosmetikindustrie weltweit auf 180 Milliarden Euro geschätzt. Es ist wohl kein Zufall, dass auch Gründerinnen in Österreich genau in diesem Segment ihre Start-ups ansiedeln. In der Beautybranche gibt es Geld, Nachfrage und – nicht zu unterschätzen – Vorbilder.

Eine von diesen Gründerinnen ist Beate Wachter. Mit Beauteo.at gründete sie im Oktober 2014 ein Portal, auf dem man Termine für Kosmetikbehandlungen, Friseurbesuche und Wellnesstermine buchen kann. Die Plattform ist bereits online und wird laufend ausgebaut. Bei Partnerbetrieben fand Wachter „großes Interesse“, doch als Gründerin sei sie teils auf Unverständnis gestoßen.

„Auf den Start-up-Veranstaltungen sind hauptsächlich Männer“, sagt Wachter. Sie hätte die Erfahrung gemacht, dass „Beautyzeug“ von männlichen Gründern nicht ernst genommen wird. „Sie verstehen das Geschäftsmodell nicht“, kritisiert die junge Frau. Da die Kooperationspartner und Kunden vorwiegend weiblich seien, sieht Wachter das Konzept als einen in Österreich noch nicht voll ausgekosteten „Sweet Spot“, als einen idealen Punkt, um als Gründerin Fuß zu fassen.

Die Idee, eine Plattform für Beautytermine zu schaffen, hatte auch die Oberösterreicherin Tanja Sternbauer, die ein Portal namens Heybeauty.at im April 2015 starten möchte. Die dazugehörige App wird im Sommer nachgeliefert. Zusammen mit einer Freundin und einem Entwickler, der „leider ein Mann“ ist, hofft sie, die Branche für sich zu erobern. „Er macht die Arbeit schon ganz gut, aber da die Seite Frauen ansprechen soll, wäre eine Entwicklerin schon bevorzugt gewesen“, sagt sie. Seit Sommer 2014 arbeitet das Dreierteam neben ihren Teilzeitjobs an dem Portal und hat nach eigenen Angaben schon 110 Partner an Bord.

Beautyversand aus der Apotheke war die Nische, die Pia Baurek-Karlic für sich beanspruchen wollte. Die Inspiration für ihre E-Commerce-Plattform für Apothekenkosmetik Beavit bekam die WU-Absolventin aus dem Familienbetrieb. Nach einem Angestelltenjob im Marketing- und Fundraisingbereich beschloss sie, zurück zu ihren Wurzeln in die Apotheke ihrer Eltern zu kehren.


„Ein junges Dirndl“. Bei der Gründung bemerkte Baurek-Karlic keine Nachteile wegen ihres Geschlechts. Sie hatte jedoch viel mit männlichen CEOs von großen Pharmakonzernen und Kosmetikfirmen zu tun. „Man hat schon an der Mimik gesehen, der denkt sich ,da kommt so ein junges Dirndl daher, die zieh ich über den Tisch‘“, erzählt sie. Baurek-Karlic betont, dass man als Gründerin auf so etwas vorbereitet sein und „als Frau seinen Mann stehen“ müsse. Sie halte nichts von „cholerischen“ Ausbrüchen und greife lieber auf eine bewährte Taktik zurück. „Als Frau muss man mit viel mehr Fakten bewaffnet sein und schnell eine treffsichere Antwort parat haben. Auf keinen Fall darf man schüchtern sein.“

Mit ihrer Schlagfertigkeit hätte sie bisher Erfolg gehabt. Die Firma wachse und könne sich laut ihren Aussagen finanzieren. Mittlerweile müsse sie sich nicht mehr mit Ellbogentechnik beweisen.

Sternbauer von Heybeauty.at empfand das Frausein „nie als Problem“. Ihr Team möchte allerdings ohne externe Finanzierung starten und sich erst im Laufe der Expansion nach Investoren oder Förderungen umschauen. „Ich habe immer Role Models und Mentorinnen gehabt, die mir gesagt haben, wenn du etwas machen willst, dann mach es“, sagt Sternbauer. Auch sie findet es traurig, dass auf Start-up-Events so wenige Frauen zu finden sind. „Egal, ob männlich oder weiblich, leiste mehr, go the extra mile, dann wird dich jeder respektieren.“

Adiam Emnay, Vorstandsmitglied von Austrian Start-ups und selbst Chefin von Dubaruba.com, einer Plattform, auf der sie Ware von afrikanischen Designern verkauft, sieht wesentliche Unterschiede im Gründerverhalten der Geschlechter. Auf Pitch-Veranstaltungen wären Frauen „unsicher und stellen ihre Idee nicht so vor, als wäre es etwas Weltveränderndes, während Männer sich so präsentieren, als ob die Welt nicht ohne ihre Idee leben könnte“, sagt sie. Auch Baurek-Karlic sieht einen Mangel an Selbstvertrauen. „Männer können irgendeine Idee haben, sei sie noch so schlecht, aber sie stehen voll dahinter und sind felsenfest davon überzeugt. Frauen sind da etwas reflexiver, denken mehr nach und zweifeln dann auch daran. Darum scheitert es oft.“ Für sie ist das behutsame Vorgehen nicht immer schlecht. „Man kommt zu besseren Ergebnissen, aber langsamer.“

Besser groß denken. Laut Statista.com liegt Österreich mit 1,31 Milliarden Euro Marktvolumen auf Platz elf unter den 27 Ländern mit dem stärksten Kosmetikkonsum, wobei das umsatzstärkste Land mit 12,9 Milliarden Euro Deutschland ist. In einer Industrie, mit der es viel zu holen gibt, ist Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden aber nur einer der Schlüssel zum Erfolg. Um sich in der Start-up-Szene durchzusetzen oder mit Exits zum Serial Entrepreneur (Wiederholungsgründer) zu werden, ist es notwendig, Ideen mit Weitblick zu haben. „Frauen denken oft nicht global. Sie holen sich kein Investment, um gleich groß zu starten, sondern sind eher dazu geneigt, ihr eigenes Geld zu investieren“, sagt Emnay.

Die Unternehmerin hat auch beobachtet, dass Männer, wenn sie eine Idee haben, gleich nach Investoren- und Fördergeld suchen würden, Frauen hingegen nicht: „Sie wollen das Geld nicht verprassen.“ Dieses Verhalten lässt sich schön im Ausland verfolgen. Im Bereich der Beauty-Terminbuchungen sind große Player auf dem europäischen Markt schon stark am Expandieren. Das Friseur-, Kosmetik- und Wellness-Buchungsportal Salonmeister aus Berlin wurde im Herbst 2014 von der Londoner Konkurrenz Wahanda aufgekauft. Sowohl Wahanda als auch Salonmeister wurden von Männerteams aufgebaut.

Geld für Zukäufe hat das Londoner Unternehmen ausreichend: Erst kürzlich wurden 26 Millionen US-Dollar der internationalen Expansion gewidmet. Laut Gründerszene.de soll es nicht bei Salonmeister bleiben: „Die Übernahme von Salonmeister ist der erste Schritt innerhalb unserer langfristigen Expansionsstrategie in Europa“, erklärt Lopo Champalimaud, CEO von Wahanda. Salonmeister wird nun als Tochter von Wahanda mit dem bestehenden Mitarbeiterteam weitergeführt.

Und wie entwickelt sich die Branche in Österreich?

Expansion in den Osten. Sternbauer und Wachter sind beide der Meinung, dass die Beautybranche in Österreich stark im Wachsen ist. Ob in Hinsicht auf Naturkosmetika, innovative Behandlungen oder einfach ein gestärktes Bewusstsein für Wellness – auch Männer würden sich mehr mit dem Thema befassen. Sternbauer schätzt den österreichischen Markt als zu klein ein, dass sich ein Exit (ein Verkauf des Start-ups) nur mit österreichischem Kundenstamm auszahlen würde, daher ziele Heybeauty auf Expansion in den Osten.

Wachter hofft mit dem First Mover Advantage auf dem eigenen Markt zu punkten, um anschließend mit Beauteo nach Italien und Polen zu expandieren. Einen Exit zieht auch sie nicht in Erwägung.

Frauen gründen

Tanja Sternbauer absolvierte 2012 die FH-Wien für Unternehmensführung und Entrepreneurship. Sie gründet Heybeauty im April 2015.

Beate Wachter hat an der WU studiert, mit Auslandsaufenthalten in Boston und Mailand. Sie gründete Beauteo im Oktober 2014.

Pia Baurek-Karlic arbeitete nach ihrem Studium im Kulturmarketing. Sie gründete Beavit Ende 2013.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2015)

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