Neue Teilpension benachteiligt Frauen

Neue Teilpension benachteiligt Frauen
Neue Teilpension benachteiligt FrauenDie Presse
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Teilzeitarbeit mit Zuverdienst soll ab 62 Jahren möglich sein. Dies sieht der Plan Minister Hundstorfers vor, der bei der Regierungsklausur präsentiert werden soll. Die Pensionsversicherung soll an das Arbeitsmarktservice zahlen.

Wien. Die Regierung wird bei ihrer Klausur am Montag und Dienstag in Krems ein Pensionspaket vorlegen. Nach monatelangen Verzögerungen wird dabei nicht nur ein Modell für ein Bonus-Malus-System vorgelegt, um Beschäftigte, die älter als 50 Jahre sind, länger in den Betrieben zu halten. Darüber hinaus soll auch eine neue Teilpension präsentiert werden, zu der sich SPÖ und ÖVP im Koalitionspakt verpflichtet haben. Dieses Modell erlaubt, dass jemand bei einer Reduktion seiner Normalarbeitszeit (trotz gleichfalls verringerter) Pension dazuverdienen darf.

Der Gesetzesentwurf von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), der der „Presse“ vorliegt, liefert aber viel Zündstoff: Frauen werden bis zum 62. Lebensjahr de facto ausgeschlossen und damit benachteiligt. Vorgesehen ist, dass dem Arbeitgeber eine Art Bonus mit der Abgeltung zusätzlicher Aufwendungen für Teilpensionisten gewährt wird. Außerdem erfolgt praktisch eine Querfinanzierung des Arbeitsmarktservice (AMS) durch die Pensionsversicherung. Darüber hinaus wird ermöglicht, dass das wegen seiner hohen Kosten oft kritisierte Modell der Altersteilzeit in neuer Form weitergeführt wird. All das treibt jetzt den ÖVP-Seniorenbund auf die Barrikaden. „Nur ein Schelm kann so ein komplexes Umgehungssystem erfinden“, urteilt ein involvierter Experte im Gespräch mit der „Presse“. Die Deails:

► Voraussetzungen:

Beim dreiseitigen Entwurf für die neue Teilpension handelt es sich um eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes. Anders als im Koalitionspakt verankert, wird die Teilpension auf Personen beschränkt, die Anspruch auf eine Korridorpension haben. Dabei handelt es sich um eine Sonderform der Frühpension. Der Haken dabei: Diese kann frühestens mit 62 Jahren angetreten werden. Die Folge: Eine Benachteiligung von Frauen über Jahre hinweg, genau bis zum Jahr 2028. Denn erst dann ist das Frauenpensionsalter (derzeit 60) überhaupt erst schrittweise auf 62 Jahre angehoben – und ab dann haben auch Frauen Anspruch auf eine Teilpension.

Hintergrund für den restriktiven Plan dürften die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt und die hohe Arbeitslosenrate sein. Sozialminister Hundstorfer hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er zusätzliche Probleme auf dem Arbeitsmarkt befürchtet, wenn Ältere in größerer Anzahl beschäftigt werden.

Weitere Voraussetzungen für die Teilpension: 39 Jahre Beschäftigung, ab 2016 sind es 39,5 Jahre. Betroffene müssen in den letzten 25 Jahren insgesamt 15 Jahre eine Beschäftigung ausgeübt haben, für die in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wurde. Und die Erwerbsarbeit während der Teilpension muss auf 40 bis 60 Prozent der Normalarbeitszeit reduziert werden.

(C) DiePresse

► Geld an das AMS:

Laut Gesetzesentwurf werden der Pensionsversicherung zusätzliche Kosten aufgebürdet. Dabei gibt es ohnehin seit Langem Kritik an den hohen Zuschüssen des Bundes zu den Pensionen, die rund zehn Milliarden Euro ausmachen. De facto ist eine Art Querfinanzierung des Arbeitsmarktservice (AMS) durch die Pensionsversicherung geplant. Als Grund gilt unter anderem, dass zusätzliche Mittel für den Arbeitsmarkt lockergemacht werden können. Hundstorfer steht unter Druck von Arbeiterkammer und Gewerkschaft, mehr Mittel in die Arbeitsmarktpolitik zu pumpen. Im Entwurf ist kein Prozentsatz für die Beiträge zur Finanzierung der Teilpensionen genannt. Dies ist zwischen Pensionsanstalten, AMS mit Zustimmung des Sozialministers und im Einvernehmen mit dem Finanzressortchef zu regeln.

► Abgeltung für Betriebe:

Für Arbeitgeber ist eine Abgeltung für zusätzliche Aufwendungen vorgesehen, wenn diese Personen in Teilpension beschäftigen. Auch hier ist (noch) keine Zahl genannt.

► Unterschied zur Altersteilzeit?

Der ÖVP-Seniorenbund wettert nicht nur darüber, dass entgegen dem Koalitionspakt Frauen praktisch ausgeschlossen sind. Man sieht darin auch eine Hintertür: Die sogenannte Altersteilzeit, die in der Vergangenheit hunderte Millionen Euro gekostet hat und massiv kritisiert wurde, würde so fortgesetzt werden.

Die Neuregelung bietet für das Sozialministerium gleich zwei Gelegenheiten, unangenehme Statistiken zu verschönern: Teilpensionsbezieher scheinen nicht in der Arbeitslosenstatistik auf; gleichzeitig erhöht sich das in der Koalition umkämpfte durchschnittliche Pensionsantrittsalter, weil Betroffene trotz Pensionsbezugs beschäftigt sind.

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