Zu Frühlingsbeginn ein zarter Verweis aufs Glück der Dänen

Woran liegt es, dass Bewohner skandinavischer Länder nicht nur am vertrauenswürdigsten, sondern auch noch voll zufrieden sind?

Vor zwei Monaten habe ich mir für diesen Freitag in den Kalender geschrieben: „Heute bitte nicht an Griechenland denken!“ Das war weise Voraussicht, denn gerade zu Frühlingsbeginn ist das Gegengift traditionell eine fröhlich gestimmte Troika aus Laune, Liebe und Lebenslust. Diesmal kam sogar noch dazu, dass wir alle knapp die Kollision des Mondes mit der Sonne überlebt haben. Ein weiterer Grund für Ausgelassenheit.

Deshalb also heute kein trüber Gedanke an Tricks, die Zentralmatura oder gar an „digitale Manipulationen“. Dieser Ausdruck selbst ist doch montiert, quasi mit dem Finger an der Hand herbeigezogen. Übelste Lateiner verwendeten bereits vor Jahrtausenden digitus und manus für ihre eindeutige mediterrane Zeichensprache.

Nein, heute gibt es an dieser Stelle den reinen Lenz und ausnahmslos positive Gefühle: Die Schneeglöckchen im Garten des Gegengiftes sind fast schon verwelkt, sie machen den Primeln Platz. Ist das nicht ein wunderschönes Beispiel für schöpferische Zerstörung? Ich habe bereits mitten im Winter, in der Vorwoche also, fest damit gerechnet, dass noch vor Ostern das Blühen in unserer umzäunten Natur in Meidling beginnt. „Summer is icumen in, Lhude sing cucu!“

Vor dieser Kulisse also wollen wir nun etwas über Vertrauen nachdenken. Ich will mich gar nicht damit aufhalten, auf welche Staaten laut Meinung der Österreicher in der Europäischen Union am wenigstens Verlass ist, sondern gleich zu den besten kommen: Laut aktuellem OGM-Vertrauensindex liegen die Skandinavier an der Spitze. Schweden (+81) sowie Dänemark (+80) sind souverän. Wir halten diesen Nordrand des Kontinents sogar für noch seriöser als die Deutschen (+75), die knapp vor Österreich (+73) an vierter Stelle liegen.

Am anderen Ende der Skala liegt ein Land im Südosten (–79), das hier keine Rolle spielen soll, weil es sich wahrscheinlich ohnehin um ein Fake handelt. Stattdessen wollen wir prüfen, in welchen Ländern Menschen am glücklichsten und zufriedensten sind. Das Ergebnis der UN-Berichte ist seit Jahren konstant. Auch 2014 waren drei skandinavische Länder unter den ersten fünf (Österreich immerhin auf Platz acht). Der Sieger heißt, wie so oft: Dänemark. Die Statistik lügt nicht. Flache Länder mit glücklichen Kühen, langen Wintern und braven Einwohnern, die bereit sind, bis weit in den Lebensabend produktiv zu sein, haben offenbar einen Arkadien-Bonus.

Gibt es dafür aber auch einen tieferen Grund? Hat etwa gar weniger Angst, wer weniger Geist hat? Ein dänischer Freund, und er muss es ja wissen, beruhigte mich: Das Vergleichen sei das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit, sagte er lächelnd. Er traut wohl keinen Statistiken, die er nicht selbst gefälscht hat.

E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2015)

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