Anschlag 1995 in der Türkei: Österreicher in Italien verhaftet

Der Österreicher, ein Arzt türkischer Herkunft, soll an einem Terroranschlag vor 20 Jahren auf eine Bankfiliale in Ankara beteiligt gewesen sein.

Ein Österreicher türkischer Herkunft ist am Montag von der italienischen Polizei in Mestre festgenommen worden. Die Türkei beschuldigt den Arzt an einem Terroranschlag der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) auf eine Bankfiliale in Ankara 1995 beteiligt gewesen zu sein. Der verhaftete Arzt war zwar in Italien, nicht aber in Österreich zur Fahndung ausgeschrieben. Deshalb wäre eine Festnahme in Österreich auch nicht möglich gewesen, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums am Montag auf APA-Anfrage. Der zugrunde liegende Haftbefehl der türkischen Behörden sei bereits 20 Jahre alt. Das österreichische Konsulat stehe in Kontakt mit dem Festgenommenen sowie seiner Familie.

Konkret werfen die türkischen Behörden dem Österreicher vor, Attentäter für den Anschlag rekrutiert zu haben. Die Polizei in Venedig bestätigte die Festnahme des Arztes am Montag gegenüber der APA. Er sei erst seit "kurzer Zeit" im Schengeninformationssystem zur Fahndung ausgeschrieben gewesen, hieß es. Für den morgigen Dienstag ist eine Anhörung vor einem Richter geplant.

Der Mann lebt in Deutschland

Der Mann hatte die Osterferien gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern in Mestre verbracht, wo er am Montag kurz vor seiner Rückreise nach Österreich von der Polizei festgenommen wurde. Er sei sehr überrascht gewesen, hieß es vonseiten der Polizei. Der Arzt wurde in ein Venediger Gefängnis gebracht, ihm droht nun die Auslieferung an die Türkei.

Die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C)

Bei dem verhafteten Arzt soll es sich laut APA-Informationen um einen 55-jährigen Kurden handeln, der vor Jahren in Österreich Asyl und später die Staatsbürgerschaft erhalten habe. Entgegen erster Informationen aus Italien soll er aktuell nicht in Österreich, sondern in Deutschland leben.Die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (türkisch "Devrimci Halk Kurtuluş Partisi-Cephesi" oder DHKP-C) ist eine marxistisch-leninistische Untergrundorganisation in der Türkei.

Ihr Ziel ist die Zerschlagung der Staatsordnung durch einen bewaffneten, revolutionären Akt.

Die DHKP-C war zuletzt wieder vermehrt im medialen Rampenlicht gestanden: Am Dienstag hatte die in der Türkei als Terrororganisation eingestufte Gruppe den Istanbuler Staatsanwalt Mehmet Selim Kiraz in ihre Gewalt gebracht. Nach rund achtstündigen Verhandlungen zwischen Tätern und Behörden stürmte die Polizei das Büro und erschoss die beiden Geiselnehmer. Kiraz wurde schwer verletzt und starb wenig später im Krankenhaus.

Nach Angaben des italienischen Innenministers Angelino Alfano glückte die Festnahme des Österreichers dank der besonders strengen Sicherheitsvorkehrungen am Osterwochenende: "Alle Sicherheitskräfte sind im Einsatz, um mögliche Gefahren zu lokalisieren".

(APA)

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