Schulterschluss von Ländern und Gemeinden: Sie warnen vor einem Drüberfahren bei Haushaltsrecht und Wohnbau. Auch die Hypo-Folgen seien „nicht bereinigt“.
St.Pölten. Am 27. April wird der Verteilungskampf um die Steuereinnahmen, das ist der Finanzausgleich, offiziell eröffnet. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) wird sich dabei einer Phalanx von Bundesländer- und Gemeindevertretern gegenübersehen. Den demonstrativen Schulterschluss haben Länder und Gemeinden am Mittwoch in St. Pölten mit ihrer Positionierung vollzogen.
Beide Gebietskörperschaften werden zwar ihre Anteile von in Summe 360 Millionen Euro an der Finanzierung der Steuerreform tragen, wie Niederösterreichs Finanzreferent Wolfgang Sobotka („wir stehen dazu“) versicherte. Er stellte sich aber vehement gegen Konkurrenz bei der Wohnbauförderung durch eine zusätzliche Einrichtung des Bundes. Das ergebe „keinen Sinn“. Zudem solidarisierte er sich mit Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer (beide ÖVP): Das von Schelling schon bald vorgesehene neue Haushaltrecht solle vorerst nur für Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern gelten.
Deutlich in Richtung Bund gewandt stellte Niederösterreichs Vizelandeshauptmann nach einem Treffen der Gemeindereferenten in St.Pölten klar, Länder und Gemeinden seien „der stabile Faktor in dieser Republik“. Diese beiden würden gesamtstaatlich gesehen den Überschuss produzieren, meinte er offenbar als Reaktion auf Vorwürfe, Länder und Gemeinden würden statt zu sparen nur Geld ausgeben. Für 86Prozent des Schuldenvolumens sei der Bund verantwortlich.
Nach Wien-Wahl wird es ernst
Die Entscheidung über die Aufteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichs wurde erst im Vorjahr nochmals aufgeschoben. Damit wurde die bisherige Aufteilung, die dem Bund zwei Drittel und Ländern und Gemeinden ein Drittel der Steuereinnahmen sichert, um ein weiteres Jahr bis Ende 2016 verlängert. Nun steht zwar der Verhandlungsstart Ende April bevor. „Realistischerweise“ werde es aber mit politischen Verhandlungen erst nach der Wien-Wahl am 11.Oktober ernst, räumte Gemeindebundchef Mödlhammer ein.
Beim Finanzausgleich wird auch die Milliardenpleite der Hypo Alpe Adria, wo nun Länder und deren Hypos für Haftungen geradestehen müssen, ein Nachspiel haben. Dieses Thema werde Gegenstand des Finanzausgleichs sein. Denn Sobotka ist dagegen, dass die Belastungen nur den Ländern „umgehängt“ werden: „Es kann nicht so sein, dass die Rechnung für Kärnten jetzt alle Dritten zahlen.“ Die Causa ist daher aus seiner Sicht „nicht bereinigt“.
Auf Widerstand stößt der Finanzminister mit seinem Plan für ein bundesweit einheitliches Haushaltsrecht, das er bald in Begutachtung schicken möchte. Noch am Mittwoch gab es Gespräche. Sobotka stellte sich namens der Länder hinter die Position des Gemeindebundes. Demnach soll in einem ersten Schritt das neue Haushaltsrecht für Gemeinden ab 10.000 statt ab 3000 Einwohnern, wie das der Rechnungshof fordert, gelten.
In dem Zusammenhang schlug Mödlhammer die schärferen Töne an. Sollte Schelling die Maßnahme ohne vorherige Einigung vornehmen wollen, würden die Gemeinden auf ihre schärfste Abwehrwaffe zurückgreifen und den sogenannten Konsultationsmechanismus auslösen, kündigte er an. Dieser erlaubt es jeder Gebietskörperschaft, sich gegen einseitige finanzielle Belastungen querzulegen. Sobotka legte später nach, dies hätte weitere Folgen, weil ein neuer Finanzausgleich dann „sehr, sehr schwierig“ werde. (ett)
FINANZVERHANDLUNGEN
Finanzausgleich. Dieser regelt die Aufteilung der Steuereinnahmen: Dem Bund fließen zwei Drittel, Ländern und Gemeinden ein Drittel zu. Weil eine Neuregelung entscheidend für das gesamte Finanzgefüge der Republik ist, wurde eine Entscheidung aufgeschoben. Damit ist der im Herbst 2007 abgeschlossene Finanzausgleich nunmehr bis Ende 2016 gültig. Am 22. April tagen die Landesfinanzreferenten, für 27. April ist dann der offizielle Verhandlungsauftakt mit dem Bund vorgesehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)