Aserbaidschanischer Bürgerrechtler zu Straflager verurteilt

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In der "Chrystal Hall" in Baku fand im Jahr 2012 der Songcontest statt. Rasul Jafarow kritisierte damals die Menschenrechtssituation in Aserbaidschan.(c) APA/MARTIN FICHTER-WÖSS
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Der Rasul Jafarow wurden in Baku zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Gerichtsprozess glich nach den Worten von Beobachtern einer Farce.

Vor drei Jahren fand in Aserbaidschan der Songcontest statt. Eine Gruppe von Menschenrechtsaktivisten nutzte damals das Rampenlicht, in dem die Republik am Kaspischen Meer für kurze Zeit stand, um auf die besorgniserregende Menschenrechtssituation aufmerksam zu machen. „Sing for Democracy“ nannten die Aktivisten ihre Kampagne und Rasul Jafarow wurde ihr mediales Gesicht. Jafarow war gebildet, jung, smart, sprach Englisch. Er konnte Ausländern in einfachen Worten erklären, was falsch läuft in seinem Land. Der 30-Jährige hatte keine radikalen Forderungen. Aserbaidschanische Bürgerrechtler wie er fordern die Einhaltung von Rechten, wie sie die Regierung in Baku ihren Bürgern per Gesetz und als Mitglied internationaler Organisationen garantiert. Am Donnerstag ist Jafarow von einem Gericht in Baku zu sechseinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt worden.

Jafarow war im August 2014 in Untersuchungshaft genommen worden. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn des illegalen Unternehmertums, Steuerflucht, Dokumentenfälschung und Veruntreuung internationaler Fördergelder. Jafarow hat die Anschuldigungen stets von sich gewiesen und sie als Angriff auf seine Arbeit interpretiert, die er nach dem Ende des Songcontests weiterführte. Das Rampenlicht war längst wieder abgeblendet.

Zuletzt hat Jafarow an der Erstellung einer Liste der politischen Gefangenen gearbeitet. Dem Regime von Präsident Ilham Alijew war diese Arbeit, die Aserbaidschan vor Internationalen Organisationen wie dem Europarat zu blamieren drohte, mehr als unangenehm.

"Geschädigte" entlasteten Jafarow

Wer die Berichte der Prozessbeobachter liest, erfährt, welche Farce sich im Gerichtssaal abgespielt haben muss. Die von der Anklage präsentierten Geschädigten entlasteten Jafarow. Von Beginn an baten sie darum, wie in einem Bericht europäischer Prozessbeobachter geschrieben steht, "dass das Gericht ihren Status als Geschädigte aufheben soll". Jafarow und sein Anwalt dürften nur ungenügend Zugang zum Beweismaterial gehabt haben; Anträge der Verteidigung wurden methodisch abgewehrt. Auch Statements der angeblich geschädigten internationalen Geldgeber, die Jafarow vom Vorwurf der Gelderveruntreuung entlasteten, wurden nicht zugelassen. Sie könnten gefälscht sein, hieß es.

Dunja Mijatović, Medienfreiheits-Beauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit Sitz in Wien, sprach von einem „Akt der Ungerechtigkeit“. Sie zeigte sich besorgt angesichts der steigenden Anzahl von inhaftierten Journalisten und Aktivisten in Aserbaidschan.

Die Grüne Europaparlamentarierin Ulrike Lunacek, die Jafarow im Zuge der "Sing for Democracy"-Kampagne persönlich kennen gelernt hat, sprach von einem "eindeutig politisch motivierten und völlig inakzeptablem Urteil". Jafarov sei ein "integerer Kämpfer für Presse-, Meinungsfreiheit und BürgerInnenrechte in Aserbaidschan".

Wieder ein Großevent in Baku

Das Regime in Baku ist nervös. In Aserbaidschan finden am 1. November Parlamentswahlen statt. Von 12. bis 28. Juni ist das Südkaukasusland zudem Austragungsort der "Europaspiele", einer Sport-Großveranstaltung. Beobachter vermuten, dass wegen des Events die Aktivitäten bekannter Bürgerrechtler unterbunden und die verbliebenen Aktivisten eingeschüchtert werden sollen.

Rasul Jafarow hatte Medienberichten zufolge eine Fortsetzung seiner erfolgreichen Kampagne von 2012 geplant. Ihr Titel: "Sport for democracy".

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