Anleihen: Neues Rekordtief bei Zinsen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Renditen für zehnjährige österreichische Staatsanleihen sind am Montag auf ein Rekordtief von 0,191 Prozent gefallen. Schuld daran ist die Europäische Zentralbank.

Wien. Das Schuldenmachen ist für den österreichischen Staat so billig wie noch nie: Am Montag sind die Renditen für zehnjährige österreichische Staatsanleihen auf ein neues Allzeittief von 0,191 Prozent gesunken. Analysten gehen davon aus, dass es nur noch eine Frage von Wochen ist, bis Anleger den österreichischen Staat dafür bezahlen, dass sie ihm ihr Geld anvertrauen können. Bei kürzeren Laufzeiten sind negative Renditen schon üblich. Erst im März verkaufte die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) eine Anleihe mit negativen Zinsen. Diese hatte damals eine Laufzeit bis Oktober 2019 und kam auf eine jährliche Durchschnittsrendite von minus 0,038 Prozent.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein europäischer Vergleich: In fast allen Ländern sinken die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen: Den niedrigsten Wert wies am Montag Deutschland mit 0,069 Prozent auf. Auf Platz zwei lag Finnland mit 0,186 Prozent, dann kam bereits Österreich mit 0,191 Prozent. Österreich schlug sich besser als die Niederlande (0,219 Prozent) und Frankreich (0,357 Prozent).

Im Gegensatz dazu haben sich die Anleihen von Spanien (1,427 Prozent), Italien (1,458 Prozent) und Portugal (1,987 Prozent) verteuert. Schlimm ist die Situation in Griechenland. Denn die Renditen von zehnjährigen griechischen Staatsanleihen kletterten auf 12,857 Prozent.

Kritik an EZB-Geldschwemme

Diese Entwicklung dürfte sich in der nächsten Zeit fortsetzen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zunächst sorgen die neuen Diskussionen über einen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone für Beunruhigung. Am Montag schrieb die Nachrichtenagentur Reuters, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bereits Szenarien für eine Staatspleite durchspielt, darunter die Ausgabe einer Art Parallelwährung in Athen.

Hinzu kommt das gigantische Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB). Konkret will die EZB bis September 2016 Anleihen im Gesamtvolumen von 1,14 Billionen Euro aufkaufen. Damit soll die Wirtschaft angekurbelt werden. Ob das aber gelingt, ist fraglich.

Denn aufgrund der Geldschwemme können sich die europäischen Regierungen noch leichter verschulden. Damit dürften notwendige Reformen zur Sanierung der Staatshaushalte auf die lange Bank geschoben werden, befürchten Experten. Kritisiert wird weiters, dass ein Großteil der EZB-Milliarden nicht in der Wirtschaft und damit bei den Unternehmen ankommt.

Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der EZB sind fatal: Sparen wird zum Verlustgeschäft. Auch Investoren, die Anleihen von „sicheren“ Staaten kaufen, schneiden schlecht ab. Davon sind auch Pensionskassen und Lebensversicherungen betroffen.

Erst in der Vorwoche schlug der Internationale Währungsfonds (IWF) bei Lebensversicherungen Alarm. Denn Tests haben gezeigt, dass ein Viertel der europäischen Versicherer in einer längeren Phase mit niedrigen Zinsen nicht in der Lage wäre, ihre Kapitalanforderungen zu erfüllen. Besonders schwierig ist die Lage in Deutschland und in Schweden.

Höhere Renditen gibt es an den Finanzmärkten derzeit nur, wenn man ein gewisses Risiko in Kauf nimmt. Seit Jahresbeginn schossen vor allem die Aktienmärkte in die Höhe. Im ersten Quartal 2015 verzeichneten fast alle wichtigen Börsenindizes in Europa zweistellige Zuwachsraten. Es gibt daher Befürchtungen, dass damit an den Börsen eine neue Blase entstehen könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2015)

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