Quo(te) vadis, ÖVP?

Statt interner Listenverwirrung brauchte es ein neues Wahlrecht.

Die ÖVP will Frauen forcieren. Eine gute Idee für eine Partei, die bei der Nationalratswahl mehr weibliche als männliche Stimmen bekam, die aber primär Männer an der Spitze hat. Das dafür intern verordnete Rezept ist jedoch wenig zielführend.

Man plant halbe-halbe auf Wahllisten mittels Reißverschlussprinzip. Gleichzeitig soll aber intern jene Person das Mandat erhalten, die die meisten Vorzugsstimmen erhält. Wodurch die Reihung auf dem Wahlzettel ohnedies nicht entscheidend ist. Mal abgesehen vom Chaos, das ausbräche, wenn jemand nach der Wahl nicht aufs Mandat verzichtet, das ihm gesetzlich zusteht, das er aber nach ÖVP-Regel nicht haben darf.

Was also tun – eine fixe Frauenquote bei Mandaten einführen? Auch das wäre keine gute Idee, zumal Quoten immer eine Entmündigung der Wähler darstellen. Und niemand sich dem Vorwurf aussetzen soll, nur wegen der Quote ein Mandat zu bekommen. Und wenn man mit Frauenquoten anfängt, könnte man ja auch Unternehmerquoten fordern, zumal Beamte im Parlament stark überrepräsentiert sind.

Besser wäre gleich ein neues Wahlgesetz, das die Direktwahl stärkt (worüber die ÖVP auch nachdenkt). Etwa, indem man neben der Bundesliste „seinen“ Abgeordneten im Wahlkreis direkt wählt. Frauen würden nicht direkt gewählt werden, meinen Kritiker. Darauf sollte man es aber ankommen lassen, zumal die Mehrheit der Wahlberechtigten Frauen sind. Und mündige Bürger es selbst in der Hand haben müssen, für wen sie sich entscheiden. Für eine Frau, einen Mann, einen Unternehmer oder einen Beamten.

philipp.aichinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2015)

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