Der Koalitionspartner attestiert CDU-Verteidigungsminister Von der Leyen einen Kontrollverlust.
In der Affäre um das Gewehr G36 der deutschen Bundeswehr hat die mitregierende SPD Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen scharf angegriffen und Forderungen der Opposition nach einem Untersuchungsausschuss unterstützt. Der CDU-Politikerin sei "die Kontrolle ihres Hauses entglitten", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Freitag.
Ihr CDU-Kollege Peter Tauber warf daraufhin der Koalitionspartnerin "verbales Herumballern" vor. Das Verteidigungsministerium kündigte personelle Konsequenzen aus der jüngsten Wendung an, wonach die Waffenfirma Heckler & Koch mithilfe des Rüstungs-Abteilungsleiters im Ministerium im Jahr 2013 den Militärischen Abschirmdienst gegen kritische Medienberichte über die Treffsicherheit des G36 in Stellung bringen wollte.
Es täten sich "Abgründe im Verteidigungsministerium" auf, die nur mithilfe eines Untersuchungsausschusses umfassend geklärt werden könnten, erklärte Fahimi: "Frau von der Leyen darf einer rückhaltlosen Aufklärung nicht länger im Weg stehen." Tauber sagte der "Süddeutschen Zeitung", Fahimi sei "sowohl in der Sache wie auch in der Wortwahl wenig treffsicher".
Die Grünen hatten am Donnerstag einen Untersuchungsausschuss des Bundestages gefordert. Es wäre der dritte in dieser Legislaturperiode. Derzeit beleuchten Untersuchungsgremien die Ausspähaffäre um den US-Geheimdienst NSA und den BND sowie die Frage, ob der frühere SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy vor möglichen Kinderporno-Ermittlungen gegen ihn gewarnt wurde.
Heckler & Koch hat die Vorwürfe zurückgewiesen, wonach sich die Firma 2013 an den Militärischen Abschirmdienst (MAD) wandte mit der Bitte, Informanten von Journalisten ausfindig zu machen, die kritisch über die Treffsicherheit des Gewehrs berichteten. Von der Leyen hatte am Donnerstag gesagt: "Dass Heckler & Koch sich im Jahr 2013 an den MAD gewandt hat, ist schon sehr befremdlich." Völlig inakzeptabel sei, dass ein Abteilungsleiter im Ministerium dies unterstützt habe.
Bereits im März vorigen Jahres wurde das Ministerbüro über den Vorgang informiert, der erst jetzt bekannt wurde. Von der Leyen, die damals wenige Monate im Amt war, habe von dem Vermerk aber keine Kenntnis gehabt, sagte ihr Sprecher am Freitag: "Er ist der Ministerin damals nicht vorgelegt worden, und sie ist auch nicht mündlich darüber informiert werden." Ein Mitarbeiter im Ministerbüro habe Ende März 2014 den Vermerk an die Registratur zurückverfügt.
Während von der Leyen Folgen der Affäre für Mitarbeiter des Ministeriums noch offengelassen hatte, sagte der Sprecher nun: "Stand heute kann ich Ihnen sagen, dass es sicher personelle Konsequenzen geben wird."
(APA/Reuters)