Das heutige Halbfinale zwischen Gastgeber Tschechien und Kanada wird zum Kampf der Giganten: Jaromir Jagr gegen Sidney Crosby.
Prag. „Ja-ro-mir“-Sprechchöre hallten bei der Eishockey-WM in Prag durch die mit 17.383 wieder ausverkaufte O2-Arena. Der inzwischen 43 Jahre alte Ausnahmespieler Jaromir Jagr erzielte bei Tschechiens 5:3-Viertelfinalsieg gegen Finnland das wichtige 2:2 und den vorentscheidenden Treffer zum 4:3. Dass schon nach dem Viertelfinale ein neuer Zuschauerrekord (676.979) aufgestellt wurde, passte in den perfekten Tag des eishockeybegeisterten Landes. Im Halbfinale wartet heute (15.15 Uhr) WM-Favorit Kanada. Im zweiten Semifinale (19.15, je live ORF Sport plus) treffen Titelverteidiger Russland und die USA aufeinander.
Die Tschechen sind Außenseiter, Kanada war die überragende Mannschaft dieses Turniers. Es sei das beste Team, gegen das er jemals gespielt habe, hatte Jagr nach dem 3:6 in der Gruppenphase gesagt. Nun kommt es erneut zum Duell der Superstars Jagr und Sidney Crosby. „Sie haben Crosby, wir Jagr – die zwei besten Spieler der Welt treffen aufeinander“, meinte Tschechiens NHL-Stürmer Martin Erat. In Tschechien baut Jagr in diesen Tagen an seinem Denkmal, das Land liegt ihm zu Füßen. „Jagr ist Gott – alle anderen sind Helden“, titelte die Zeitung „Sport“. Auch Erat war ergriffen: „Er ist unglaublich. Man kann nicht beschreiben, was er für das Team bedeutet.“
Der um 16 Jahre jüngere Crosby schickt sich an, wie Jagr Mitglied im legendären Triple Gold Club zu werden. Aufgenommen wird, wer den Stanley Cup, die WM und Olympiagold gewinnt. „Es wäre großartig, das zu schaffen. Es ist definitiv ein Ziel und ein Anreiz“, meinte Crosby. Spätestens seit er 2010 in Vancouver im Olympia-Finale gegen die USA das Siegtor in der Overtime schoss, ist Kanadas Kapitän in der Heimat eine Legende. In Sotschi wurde Crosby erneut Olympiasieger, den Stanley Cup gewann er 2009.
Die NHL-Auswahl um Crosby spazierte mit einem 9:0 gegen Weißrussland ins Halbfinale. „Sie sind wie ein Tsunami über uns hinweggefegt“, klagte der weißrussische Keeper. Kanada hält nach acht Spielen bei 58 Toren, mehr kanadische WM-Tore gab es zuletzt 1962. Todd McLellan hat die junge Mannschaft erstmals seit sechs Jahren wieder in ein WM-Halbfinale geführt, das erste Gold seit acht Jahren ist in Reichweite. „Jetzt musst du in Hochform sein, es heißt gewinnen oder heimfliegen“, hielt Crosby fest.
Superstar im Anflug
Auch im anderen Halbfinale zwischen Russland und den USA steht ein Weltstar auf dem Eis. Nach dem Aus der Washington Capitals in den NHL-Play-offs gegen die New York Rangers wird Alexander Owetschkin die Sbornaja am Final-Wochenende verstärken. Ein anderer NHL-Star, Jewgenij Malkin, ist bereits in Form gekommen und zeigte beim 5:3-Sieg im Viertelfinale gegen Schweden mit zwei Toren auf. Russland kann sich außerdem für die 2:4-Niederlage gegen die USA in der Gruppenphase revanchieren. In den Linien des US-Teams findet sich kein Superstar. Teamchef Todd Richards hat sogar fünf College-Spieler dabei und das mit Abstand jüngste Team.
Österreich bleibt eine bedeutungslose Ehre: Die ÖEHV-Auswahl muss zwar absteigen, hat aber das beste Penalty-Killing des Turniers. Nur Kanada hat wie Österreich lediglich ein Tor in Unterzahl kassiert. (joe)
EISHOCKEY-WM VIERTELFINALE
USA - Schweiz 3:1 (0:1, 2:0, 1:0), Kanada - Weißrussland 9:0 (4:0, 2:0, 3:0), Schweden - Russland 3:5 (0:2, 1:1, 2:2), Finnland - Tschechien 3:5 (1:1, 1:2, 1:2).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2015)