Russland will von Österreich Auslieferung eines Ölmagnaten

(c) Fabry
  • Drucken

"Presse"-exklusiv: Der Milliardär Ural Rachimow, der seit über fünf Jahren in Österreich lebt, steht im Verdacht der Geldwäsche und Untreue. Das Straflandesgericht Wien prüft.

Osteuropäische Tycoons halten Österreichs Justiz mehr denn je auf Trab. Waren die einheimischen Behörden bis vor Kurzem mit einem US-Auslieferungsantrag gegen den ukrainischen Oligarchen Dmitro Firtasch beschäftigt, so nun mit einem Ansuchen Russlands, den ehemaligen Ölmagnaten Ural Rachimow nach Moskau auszuliefern. Wie die „Presse“ in Erfahrung gebracht und im Justizministerium und im Straflandesgericht Wien bestätigt erhalten hat, wird derzeit der Antrag aus Moskau geprüft. Eingelangt sei dieser in der zweiten Maiwoche, so Christina Salzborn, Sprecherin des Straflandesgerichts Wien, auf Anfrage. Rachimow stehe im Verdacht der Geldwäsche und Untreue im Zusammenhang mit seinem einstigen russischen Ölkonzern Baschneft. Der Magnat befinde sich nach einer ersten Befragung derzeit auf freiem Fuß.

Baschneft zu Rosneft?

Ural Rachimow, Sohn des Ex-Präsidenten der russischen Teilrepublik Baschkortostan, lebt seit über fünf Jahren in Österreich, nachdem er in Russland den Ölkonzern Baschneft veräußert hat. Der damalige milliardenschwere Weiterverkauf an den russischen Milliardär Wladimir Jewtuschenkow (Besitzer des Mischkonzerns „Sistema“) hat erst im Vorjahr zu einem Riesenskandal in Russland selbst geführt. Die Behörden nämlich hatten Jewtuschenkow unter Hausarrest gestellt und damit einen Schock unter den Unternehmern ausgelöst, wie es ihn seit Jahren nicht mehr gegeben hatte. Am Tag der Verhängung des Hausarrests stürzte die Sistema-Aktie um 36,92 Prozent ab, Baschneft selbst um 24 Prozent. Jewtuschenkow, der nach Informationen der „Presse“ zwischenzeitlich sogar seine ganze Familie aus Sicherheitsgründen in den Westen evakuiert hat, ist mittlerweile wieder frei. Seine 71,6 Prozent Anteile an Baschneft wurden per Gericht verstaatlicht.

Vermutet wird, dass sich der Staat nicht nur illegal privatisierte Vermögenswerte aus dem Ölsektor zurückholen will, sondern dass sich der landesweit größte und staatliche Ölkonzern Rosneft, der in den vergangenen Jahren zusammenraffte, was nicht niet- und nagelfest war, nun auch Baschneft einverleiben will. Baschneft gilt als gut geführt und sitzt auf gut erschlossenen Lagerstätten, was für den mit westlichen Sanktionen belegten Rosneft-Konzern mit seinen Finanzierungsschwierigkeiten eine willkommene Hilfe wäre.

Verhandlungstermin noch offen

In weiterer Folge ging Ende des Vorjahres die Stoßrichtung der staatlichen Ermittlungen von Jewtuschenkow weg auf Rachimow über. Vorgeworfen werden ihm unter anderem die einstige illegale Privatisierung von Ölaktiva in dem von seinem Vater geleiteten Baschkortostan. Nach Berechnungen der russischen Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ könnte Rachimow am Weiterverkauf von Baschneft 143 Mrd. Rubel (nach heutigem Kurs 2,6 Mrd. Euro) verdient haben. Auch Jewtuschenkow möchte sich an Rachimow schadlos halten. Über Rachimow wurde im Dezember des Vorjahres in Russland in Abwesenheit die Festnahme ausgesprochen und ein nationaler Haftbefehl ausgestellt.

Anschließend sandte Interpol Moskau eine Mitteilung nach Wien, wo Rachimow im März befragt wurde. Die daraus resultierende Sachverhaltsdarstellung war Grundlage dafür, dass Österreichs Justiz den russischen Behörden eine Frist zur Vorlage eines allfälligen Auslieferungsantrages stellte, der dann am 11. Mai eintraf. Ein Termin für die Auslieferungsverhandlungen stehe noch nicht fest und werde erst nach Prüfung der vorgelegten Dokumente anberaumt, so Salzborn.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.