Die Expertise könnte nach Medienberichten erst im Sommer oder Herbst vorliegen. Grund: Der Sachverständige braucht länger für die Daten-Überprüfung. Meinls Verteidiger bestreitet kolportierte Schadenssummen.
Die Übergabe des Gutachtens von Sachverständigen Thomas Havranek für eine mögliche Anklageerhebung gegen das Management der Meinl-Bank verzögert sich. Das berichten der "trend" und das "profil" in ihren am Montag erscheinenden Ausgaben. Havranek, der einzige Sachverständige für Sicherheitsmanagement in Österreich, war beauftragt worden, festzustellen, ob für die Gesellschaften Meinl European Land (MEL, jetzt Atrium), Meinl International Power und Meinl Airports das Recht der Kanalinsel Jersey (dem juristischen Sitz der Gesellschaften) oder österreichisches Recht zur Anwendung kommen muss.
Davon wird letztendlich abhängen, ob es zu einem Prozess über die Verantwortung der Meinl-Bank an den Verlusten von tausenden Kleinanlegern kommen wird. Anfang Mai sollte Havranek das Gutachten liefern. Doch die Übergabe könnte sich bis zum Sommer oder sogar in den Herbst hinein verzögern, schreibt der "trend". Zwar sei eine Rohfassung fertig. Aber noch müssten gewaltige Datenmengen, die bei Hausdurchsuchungen in der Meinl-Bank und in der Meinl-Villa sichergestellt worden sind, durchforstet werden, um in allen Punkten sattelfest zu sein und keine Angriffspunkte für die Meinl-Anwälte zu liefern.
Sachverständiger Havranek als "harter Befrager"
Damit verzögere sich auch die Entscheidung gegen Julius Meinl V. Sachverständiger Havranek ist bei den Vernehmungen des Staatsanwalts dabei und wird von Betroffenen als "harter Befrager" beschrieben. Das Klima zwischen Havranek und Meinl sei empfindlich gestört, seit in der Meinl Bank ein Dossier mit persönlichen Daten über den Sachverständigen gefunden wurde, so das Monatsmagazin.
Auf die "profil"-Feststellung, wonach die Beweislage gegen Julius Meinl V. angeblich immer dichter werde, hatte Eichenseder am Samstag empört zurückgewiesen. Die ständigen Behauptungen des Sprechers der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch, seien nicht nachvollziehbar und rechtlich bedenklich. Das Wochenmagazin hatte berichtet, Meinl solle entgegen seiner bisherigen Verantwortung sehr wohl direkten Einfluss auf MEL genommen haben und dazu Jarosch mit den Worten zitiert: "Das ist mehr als bloße Fantasie."
Bereits am Freitag hatten die Anwälte des Bankers Julius Meinl V. detailliert jüngste Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, wonach der Privatbankier einen Schaden von zumindest 6,4 Mrd. Euro verursacht habe, wie "Format" (Freitag-Ausgabe) aus dem gerichtlichen U-Haft-Beschluss von Anfang April zitiert hatte. Die behauptete Schadenssumme sei "falsch und absurd" und komme unter anderem durch Doppelzählungen zustande, so Meinl-Anwalt Herbert Eichenseder am Freitagnachmittag.
(APA)