Schwarze Liste Russlands als Racheakt

Einreiseverbote für 89 Europäer sei Reaktion auf „Sanktionenkampagne“.

Den Haag/Moskau. „Sepp Blatter und Marine Le Pen sind in Russland willkommen, ich nicht“, twitterte Guy Verhofstadt, Vorsitzender der liberalen Parteien im EU-Parlament, spöttisch. Der frühere belgische Premier Guy Verhofstadt ist wie 89 weitere europäische Politiker in Russland nicht mehr erwünscht: also Einreiseverbot. Er steht auf einer schwarzen Liste.

Moskau hat die Einreiseverbote am Wochenende mit den Wirtschaftssanktionen des Westens begründet, die nach der russischen Militärintervention in der Ukraine verhängt worden waren. Die schwarze Liste, die inzwischen an europäische Vertreter übergeben wurde, sei eine Reaktion auf die „Sanktionenkampagne“, die etliche EU-Staaten unter Führung Deutschlands gegen Russland gestartet hätten, erklärte ein ranghoher Vertreter des Außenministeriums in Moskau.

Moskau als der „neue Feind“

Auf der Liste steht auch der Ehrenvorsitzende der Liberalen Internationalen und niederländische EU-Abgeordnete Hans van Baalen. Er nennt Russland inzwischen „den neuen Feind“. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte kündigte an, dass es seitens der Niederlande und der EU einen scharfen Protest gegen das Einreiseverbot an die Adresse Russlands geben werde. „Diese Liste ist völlig unbegründet. Das ist Willkür“, sagte Rutte.

Unter den Personen, die Russland nicht mehr besuchen dürfen, befinden sich auch der britische Politiker Nick Clegg, der französische Philosoph Bernard-Henry Lévy und der deutsche Politiker Michael Fuchs, der Vize-Fraktionsvorsitzender der CDU im Deutschen Bundestag ist. Auch der ehemalige polnische Premierminister Jerzy Buzek sowie der polnische Vizeverteidigungsminister Robert Kupiecki stehen auf der Liste des Kreml, ebenso wie der ehemalige tschechische EU-Kommissar Stefan Füle sowie der frühere Prager Außenminister Karel Schwarzenberg. Österreicher finden sich nicht auf der Liste.

Europäische Spitzenpolitiker kritisierten, dass die Zusammenstellung der Liste völlig undurchsichtig sei; zudem seien die betroffenen Personen nicht über die Maßnahme informiert worden. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, kündigte an, im Gegenzug werde der Zugang von russischen Vertretern zum Europaparlament eingeschränkt werden. (htz, ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2015)

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