Weisungsrat statt Weisenrat: Regierung fixiert Reform

THEMENBILD
THEMENBILD(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
  • Drucken

Justizminister Brandstetter behält das Weisungsrecht über Staatsanwälte, bindet aber ein Beratergremium ein.

Wien. Der Ministerrat hat am Dienstag die von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) geplante Reform des ministeriellen Weisungsrechts gegenüber den Staatsanwälten fixiert. Im Mittelpunkt steht die gesetzliche Verankerung eines Beirats aus Praktikern und Experten, der den Justizminister bei der Ausübung seines Weisungsrechts beraten soll. Entgegen Forderungen von Staatsanwälten und Richtern, die gegen den Anschein politisch motivierter Einflussnahmen auf Strafverfahren angekämpft haben, soll die Weisungsspitze sehr wohl im Justizministerium angesiedelt bleiben, aber unter fachkundige Beobachtung gestellt werden.

Weitere Neuerungen: Die Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften, die gerade öffentlich am meisten beachtete Verfahren extrem verzögern, werden eingeschränkt. Und die Whistleblower-Hotline, über die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anonym Hinweise beziehen kann, wird fixiert.

Brandstetter hat auf Einwände im Begutachtungsverfahren reagiert und einige Änderungen am Entwurf vorgenommen. So wird der Beirat nicht „Weisenrat“, sondern „Weisungsrat“ heißen, damit der Eindruck verhindert wird, richterliche Gremien würden die Bezeichnung „weise“ nicht verdienen. Außerdem sollen die beiden externen Mitglieder des Weisungsrats, die das Gremium zusammen mit der Generalprokurator bilden sollen, nicht mehr von diesem vorausgewählt werden, sondern vom Rechtsschutzbeauftragten beim Justizministerium. (Bestellt werden sie jeweils einmal für sieben Jahre vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung und nach Anhörung der Höchstgerichtspräsidenten.) Dem Ministerium wird außerdem die im vorherigen Entwurf enthaltene Möglichkeit genommen, durch „Ersuchen“ abseits formeller Weisungen die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu blockieren.

Unverbindliche Empfehlungen

Ab 1.Jänner 2016 muss der Justizminister immer, wenn er eine Weisung erteilen will, den Beirat befassen. Ansonsten – also wenn er keine Weisung gibt – kann er es tun, wenn er es wegen des öffentlichen Interesses an einem Verfahren oder wegen einer möglichen Befangenheit für nötig hält, und muss es tun, wenn oberste Organe betroffen sind.

Der Rat des Weisungsrats ist für den Minister nicht bindend. Weicht der Ressortchef davon ab, muss er dies im alljährlichen Bericht an das Parlament offenlegen. Rascher kann der Beirat selbst für Transparenz sorgen: Er kann – unter Achtung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen – seine Empfehlungen an den Minister veröffentlichen.

Brandstetter hofft, mit dem Weisungsrat als Kontrollorgan das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz zu stärken. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
Politik

Weisungsrecht: Novelle passiert Ministerrat

Die Novelle bringt weniger Berichtspflichten und die Verankerung der Whistleblower-Website. Aus dem "Weisenrat" wurde ein "Weisungsrat".
Innenpolitik

Justizministerium: Weisenrat griff viermal ein

In 40 Fällen gab es im Vorjahr Weisungen. Die Zahl der informellen Besprechungen bleibe aber unklar, beklagen die Grünen.
Recht allgemein

Weisungsrecht: "Kein klares Konzept"

Experte kritisiert Weisenrat-Lösung als halbherzig.
Manfred Burgstaller
Wirtschaftsrecht

Experte warnt vor Umgehung des Weisenrats

Justizminister könnte Staatsanwaltschaft blockieren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.