Blutbad in der Türkei: "Tradition keine Entschuldigung"

In Krankenwagen wurden die Leichen und Verletzten nach Mardin gebracht.
In Krankenwagen wurden die Leichen und Verletzten nach Mardin gebracht.(c) AP
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Vermutlich wegen einer Fehde zwischen Familien wurden bei einer türkischen Verlobungsfeier 44 Menschen getötet. Keine Tradition könne eine Entschuldigung für dieses Verbrechen sein, verurteilte Premier Erdogan das Blutbad.

Bei einem Angriff auf eine Verlobungsfeier im Südosten der Türkei sind mindestens 44 Menschen ums Leben gekommen. Sechs weitere Menschen seien bei dem Blutbad im Dorf Bilgeköy am Montagabend verletzt worden, sagte der türkische Innenminister Besir Atalay in Ankara. Der Angriff hat sich wohl wegen einer Blutfehde zwischen Familien ereignet. Acht Personen seien mittlerweile festgenommen worden, so der Innenminister. Auch die mutmaßlichen Tatwaffen seien sichergestellt worden

Es gebe eine "hohe Wahrscheinlichkeit", dass ein Streit zwischen Familien das Blutbad ausgelöst habe, so Atalay. Ein Mann aus der Familie der Täter habe die künftige Braut heiraten wollen, sei aber abgewiesen worden, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Bewohner des Ortes.

Erdogan: Nicht mit Tradition zu entschuldigen

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat das Blutbad als unmenschlich verurteilt. "Keine Tradition kann eine Entschuldigung für ein solches Verbrechen sein", sagte Erdogan. Die Täter müssten für immer ein schlechtes Gewissen haben. Er rief in Ankara Universitäten und Institutionen auf, sich für eine Änderung der Mentalität einzusetzen.

Die Oppositionsabgeordnete Canan Aritman forderte ein Einschreiten der Regierung. "So etwas gibt es nicht einmal in den primitivsten Gesellschaften", sagte Aritman, die einem Untersuchungsausschuss zu sogenannten Ehrenmorden angehört. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn äußerte sich in Brüssel "erschüttert und bestürzt" über das blutige Massaker.

Auf alle geschossen

Mehrere vermummte Männer stürmten die Feier nach Augenzeugenberichten mit automatischen Waffen, während Frauen und Männer in getrennten Räumen beteten. Das künftige Hochzeitspaar wurde getötet, genauso wie der islamische Geistliche, der der Zeremonie vorstand. Das Massaker soll etwa eine Viertelstunde gedauert haben. Der Bürgermeister von Mardin, Mehmet Besir Ayanoglu, sagte unter Berufung auf Augenzeugen, zwei maskierte Schützen hätten das Fest gestürmt: "Sie haben auf alle geschossen."

Ausgangssperre verhängt

Die Behörden haben über das Dorf Bilgeköy nahe der Provinzhauptstadt Mardin eine Ausgangssperre verhängt. Das staatliche Fernsehen berichtete, es gebe keinen Strom, und niemand in dem Dorf könne per Telefon erreicht werden.

(Ag.)

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