Kulterers „massive“ Mitarbeit dank Gusenbauer

Fortsetzung BayernLB-Prozess
Fortsetzung BayernLB-Prozess(c) APA/dpa/Sven Hoppe (Sven Hoppe)
  • Drucken

Donnerstag wird der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Hypo Group Alpe Adria, Wolfgang Kulterer, vor dem Hypo-Untersuchungsausschuss aussagen.

Wien. Es war ein offenbar fruchtbares Treffen. „Die Reaktion des Bundeskanzlers war äußerst positiv und ließ mich wissen (sic!), dass er sehr an einer weiteren und intensiven Zusammenarbeit zum Stiftungsthema interessiert ist“, schrieb Wolfgang Kulterer in einem E-Mail im Frühjahr 2007 an vier Wirtschaftsanwälte in Wien und Kärnten.

Der Bundeskanzler, um den es im Mail des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Hypo Group Alpe Adria ging, war Alfred Gusenbauer. Und das Thema, das die vier Anwälte – darunter ein damaliger Stiftungsvorstand der Flick- und der Glock-Privatstiftung –, der ehemalige Kommunikationschef der SPÖ und eben Kulterer mit Gusenbauer bei zwei Treffen im Februar und April 2007 diskutierten, war eine Reform des Privatstiftungsrechts in Österreich. Man stieß bei Gusenbauer mit den Anliegen scheinbar auf ein offenes Ohr. Kulterer in dem Mail: „Ich darf (...) darauf hinweisen, dass wir eingeladen sind, das Thema ,Stiftungen in Österreich‘ massiv mitzugestalten.“

Möglicherweise war es eines von vielen Treffen, die Alfred Gusenbauer in seiner Zeit als Bundeskanzler (Jänner 2007 bis Dezember 2008) mit den verschiedensten Interessengruppen und Lobbyisten hatte. Brisant werden die Mails aber erst durch die Involvierung Kulterers und den Vorwurf etwa der FPÖ in einer parlamentarischen Anfrage, wonach ein „SPÖ-nahes Netzwerk“ bei der Hypo Alpe Adria als Berater mitkassiert habe. Das Thema wird zweifellos heute, Donnerstag, im Untersuchungsausschuss des Nationalrats diskutiert werden, vor dem Kulterer als Zeuge aussagen wird. Der ehemalige Hypo-Vorstandsvorsitzende (1992 bis 2006) und Hypo-Aufsichtsratsvorsitzende (2006–2007) sitzt derzeit wegen mehrerer Verurteilungen, darunter wegen Untreue, eine sechseinhalbjährige Haftstrafe ab.

Gestern wollten keiner der involvierten Anwälte zu den Treffen Stellung nehmen. Gusenbauer selbst erklärte, er könne sich nicht an die genannten Treffen erinnern. In Erinnerung sei ihm ein Treffen mit Kulterer, „aber das war vor meiner Zeit als Bundeskanzler. Ich war auf einem Besuch in Kärnten und der seinerzeitige Landeshauptmannstellvertreter, Peter Ambrozy, hat mich zu einem Besuch bei der Hypo eingeladen. Da saßen wir mit dem Herrn Kulterer zusammen.“ Es sei ein „freundliches und unverbindliches Gespräch“ gewesen.

Keine konkreten Antworten Schellings

Auch wenn sich Gusenbauer nicht an die Treffen erinnern kann, bestätigt er, dass ihm das Thema Stiftungen in seiner aktiven politischen Zeit wichtig gewesen sei. „Ich wollte das Stiftungsrecht in Österreich weiterentwickeln, weil es mir ein Dorn im Auge war, dass Stiftungen bei uns ein reines Instrument für Familieneigentumsübertragungen und zur Steuerschonung sind“, sagte Gusenbauer zur „Presse“. „Ich habe mit Willi Molterer (damals ÖVP-Finanzminister, Anm.) gesprochen, weil ich eine ähnliche Regelung wie in Deutschland haben wollte, damit auch unsere Stiftungen mehr gemeinnützige Aufgaben übernehmen.“ Geworden ist daraus freilich nie etwas.

Gusenbauer war nach seinem Ausscheiden aus der Politik als Berater auch für die Hypo Group Alpe Adria tätig. Kulterer war damals – 2009 – nicht mehr in der Bank tätig, die Hypo gehörte bereits den Bayern. Der ehemalige Bundeskanzler hat als Teil eines Beraterteams 60.000 Euro Honorar erhalten.

Am Dienstag hatten Abgeordnete im Hypo-U-Ausschuss einen Unternehmensberater zu möglichen Verbindungen zur SPÖ befragt. Er hatte den Verkauf der Hypo Consultants begleitet und dafür 4,8 Millionen Euro Honorar erhalten. Den Vorwurf, dass er der Hypo Zugang zur SPÖ versprochen habe, wies er als „gemeine Unterstellung“ zurück. Der Unternehmensberater hat heute mehrere Firmen mit Alfred Gusenbauer, die Freundschaft habe sich aber erst nach Gusenbauers Ausscheiden aus der Politik entwickelt.

FPÖ-Abgeordneter Elmar Podgorschek wollte in einer parlamentarischen Anfrage an Finanzminister Hans Jörg Schelling nähere Auskünfte über Honorare an einen Wiener Anwalt, der der SPÖ nahesteht, und über die Angemessenheit der Höhe dieser Honorare. Schellings Antwort nach dem Hinweis, dass dies keine Frage der Vollziehung sei: „Vor diesem Hintergrund könnte eine detailliertere Darstellung (...) auch wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Hypo Alpe Adria Bank International AG und Dritter entgegenstehen.“

AUF EINEN BLICK

Wolfgang Kulterer wird heute, Donnerstag, als Zeuge vor dem Hypo-Untersuchungsausschuss des Nationalrats aussagen. Ob die Abgeordneten viel von ihm erfahren werden, ist aber offen, weil die Hypo-Bad-Bank Heta den Ex-Vorstandsvorsitzenden nicht vom Bankgeheimnis entbunden hat. Nun könnte die Medienöffentlichkeit teilweise von der Befragung ausgeschlossen werden, um so die Geheimhaltung zu wahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.