Amazon in der Kritik wegen katastrophaler Arbeitsbedingungen

Arbeiten im Akkord scheint nicht nur die Lagerarbeiter bei Amazon zu betreffen.
Arbeiten im Akkord scheint nicht nur die Lagerarbeiter bei Amazon zu betreffen.REUTERS
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Harscher Umgangston und schlechte Bewertungen bei Krankheit. Das sind angeblich die Arbeitsbedingungen bei Amazon. Jeff Bezos widerspricht: "Das ist nicht das Amazon, das ich kenne"

Vor über 21 Jahren gründete Jeff Bezos den heute größten Online-Versandhandel Amazon. Der 51-jährige Gründer schaffte es in diesem Jahr auf den dritten Platz der reichsten Tech-Milliardäre des Forbes-Magazines. Dabei scheint er seinen Erfolg auf dem Rücken seiner Mitarbeiter auszubauen. Denn einem Artikel der "New York Times" ist Amazon kein Arbeitsplatz mit Wohlfühlfaktor. Harte Arbeitsanforderungen und gefühlloses Management sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Eine Ansicht die Jeff Bezos nicht teilt.

"Der Artikel beschreibt nicht das Amazon, das ich kenne", betonte Bezos in einer E-Mail an die Mitarbeiter, die am Montag von mehreren Technologie-Blogs veröffentlicht wurde. Man solle derartige Vorkommnisse künftig direkt melden, denn eine solche Missbrauchskultur wolle man nicht akzeptieren. Auf konkrete Beispiele der "New York Times" ging Bezos hingegen nicht ein. Amazon-Mitarbeiter bemühten sich indes auf verschiedenen Kanälen (LinkedIn, Facebook und Reddit) um Schadensbegrenzung.

Immer erreichbar und immer im Dienst

Die "New York Times"-Reporter sprachen nach eigenen Angaben mit mehr als 100 früheren und aktuellen Amazon-Mitarbeitern und berichteten unter anderem von Fällen, in denen Menschen nach Familientragödien oder Gesundheitsproblemen ohne Mitgefühl hart rangenommen wurden. Eine Mitarbeiterin soll einen Tag nachdem sie eine Fehlgeburt erlitt dazu gezwungen, eine Geschäftsreise anzutreten, da "die Arbeit trotzdem erledigt werden müsse".

Den Schilderungen zufolge hat Amazon seine Online-Ausrichtung auf seine Mitarbeiter übertragen. Nämlich immer und überall erreichbar zu sein. E-Mails werden um Mitternacht verschickt und sollte nicht binnen Minuten geantwortet werden, wird per SMS nachgefragt.

Auch insgesamt sei das Betriebsklima schroff: "Ich habe fast jeden, mit dem ich arbeitete, am Schreibtisch weinen gesehen", sagte der ehemalige Mitarbeiter Bo Olsen aus dem Buch-Marketing der Zeitung.

Amazon kein Einzelfall

In vielen Unternehmen in den USA ist es mittlerweile ein ungeschriebenes Gesetz ständig erreichbar zu sein. Sich dem Job zur Gänze verschreiben. Überstunden gehören zum guten Ton, aber dafür bietet man ein Rundum-Sorglos-Paket. Dazu zählen auch Google und Facebook. Die Arbeitsbedingungen mögen mitunter nicht so harsch sein wie sie von Amazon-Mitarbeitern beschrieben werden, aber dafür bemühen sich diese beiden Unternehmen darum, dass die Mitarbeiter das Gelände nicht mehr verlassen müssen. Für alles ist gesorgt. Ganz nach dem Motto: Dein Arbeitsplatz ist dein Zuhause und deine Kollegen deine Familie.

Ähnliche Schilderungen sind davon auch über Apple im Internet zu finden und das obwohl der US-Konzern seine Mitarbeiter zu Stillschweigen verpflichtet.

Amazons Vorgehen ist damit nicht zu entschuldigen, aber es ist sicherlich auch kein Einzelschicksal. Dennoch ist der Online-Versandhandel nicht zum ersten Mal aufgrund von Schwierigkeiten mit Arbeitern im Mittelpunkt. Nach wie vor kämpft die deutsche Gewerkschaft Verdi für die Amazon-Mitarbeiter in den Verteilerzentren Deutschlands.

(APA/Dpa/Red.)

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