BWB-Chef Thanner zu Casinos: "Sorge bis Dezember für Klarheit"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Sicherung von Arbeitsplätzen wird bei Kartellfragen schon mitberücksichtigt, sagt Thanner. Die Prüfung der Casinos-Übernahme will der BWB-Chef unbedingt an sich ziehen.

Die Presse: Obi plant, 40 der 65 Baumax-Märkte in Österreich zu übernehmen, und hat deshalb schon vor Wochen mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Gespräche aufgenommen. Platzt der Deal, wird ein Konkurs von Baumax wahrscheinlicher. Nimmt die Behörde bei einer Prüfung auf solche Auswirkungen Rücksicht?

Theo Thanner: Rechtlich muss jede Prüfung gleich ablaufen. Es darf keinen Unterschied machen, ob wir die Übernahme von zwei Bäckern, der Novomatic und den Casinos Austria oder Obi und Baumax prüfen. Aber natürlich lassen wir volkswirtschaftliche Effekte nicht außer Acht.

Demnach spricht viel für die Übernahme durch Obi, denn die Tengelmann-Tochter soll keine Kündigungen planen.

Wir werden uns das genau anschauen. Aber natürlich ist die Sicherung von Arbeitsplätzen auch ein Punkt, den wir uns anschauen – bei jeder Prüfung.

Sie haben die geplante Übernahme der Casinos Austria durch Novomatic angesprochen. Wann wird die BWB in dieser Causa eine Entscheidung fällen?

Das kann ich Ihnen sagen: Ich werde bis Mitte Dezember für Klarheit sorgen. Egal, wie. Derzeit findet noch nicht einmal eine Pränotifizierung statt, weil aufgrund der Syndikatsverträge noch Zustimmungen eingeholt werden müssen (Anm.: In diesen Verträgen ist den Aktionären ein Vorkaufsrecht eingeräumt). Das dauert bis Anfang Oktober. Nur am Rande: Wenn ich so ein Geschäft plane, vergewissere ich mich doch schon im Vorfeld, ob ich diese Zustimmungen tatsächlich bekomme. Sonst gehe ich damit nicht an die Öffentlichkeit. Nun sieht es so aus, dass vermutlich alle Syndikatspartner zustimmen – bis auf die Grazer Wechselseitige. Da scheint es noch offen. Wie auch immer: Sobald wir alle Unterlagen und Gutachten auf dem Tisch haben, prüfen wir vier bis sechs Wochen. Das heißt, bis Mitte Dezember sage ich, was Sache ist.

Fraglich ist, ob die BWB überhaupt jene Behörde sein wird, die die Prüfung durchführt. Allein aufgrund der hohen Umsatzzahlen kann der Fall doch bei der EU-Kommission landen.

Ja, das ist möglich, aber dann wird die BWB sagen, dass wir die Prüfung gern selbst machen würden. Darauf haben wir keinen Anspruch, aber wir werden es versuchen, denn es wird spannend – und sehr politisch.

Sie meinen, weil im Aufsichtsrat der Novomatic die Wiener ÖVP-Gemeinderätin Barbara Feldmann sitzt. Und auch Martina Flitsch – sie ist die Kanzleipartnerin des SPÖ-Justizsprechers, Hannes Jarolim.

Rot-Schwarz ist gut vertreten. Und dann gibt esnoch das Engagement der Grünen, die finden, man muss mit dem Automatenwesen aufhören. Also in der Sache ist viel Bewegung drinnen. Gerade deshalb bin ich für eine rasche Klärung.

Zu einem anderen Thema, der Telekombranchenuntersuchung, die schon länger läuft als geplant. Gibt es schon ein erstes Zwischenergebnis?

Die Preise im österreichischen Mobilfunk sind gestiegen, das steht fest. Fairerweise muss man aber sagen, dass sich auch das Angebot verändert hat. Man erhält nun etwa nicht nur ein, sondern gleich drei Gigabyte Datenvolumen. Das heißt höhere Preise, aber auch mehr Leistung. Die Frage ist nur, ob man dieses Angebot tatsächlich nützt. Ein anderer Effekt ist, dass es heute gerade im Billigsegment mehr Alternativen als früher gibt und auch noch mehr geben wird.

Ganz so böse sind die Mobilfunkanbieter also doch nicht?

Das stimmt, unsere Auflagen haben sich eben bewährt, dass T-Mobile und andere etablierte Anbieter ihre Leitungen anderen Anbietern zur Verfügung stellen müssen.

Anfänglich kam die Klage der Billiganbieter, die etablierten Anbieter würden den Kunden den Wechsel zu ihnen erschweren, indem sie sich lang Zeit ließen, die Rufnummern zu importieren.

Ja, aber das konnte ich abstellen. Ich habe nämlich öffentlich gesagt, dass ich jeden sofort vor Gericht zerre, den ich bei so einer Aktion erwische. Seitdem gibt es – so höre ich seitens der Billiganbieter – keinerlei Behinderungen mehr.

Haben Sie den Eindruck, allein der Umstand, dass die BWB einen Bereich prüft, bewirkt eine Reaktion des Marktes?

Ja, sicher. Schauen Sie sich die Hotelbuchungsplattformen an. Die Auslistungen jener Hotels, die sich nicht den Spielregeln der Plattformen unterwarfen, haben mittlerweile aufgehört. Auch in Deutschland. Und darum geht es uns als relativ junge Behörde. Wir wollen das Bewusstsein der Unternehmen schärfen.

Ein Beispiel dafür war das Hahnenkammrennen. Da sagte ein Hotelier vor dem Rennen im Fernsehen, die Preise für die Getränke blieben gleich, „und für die Fanzone, da haben wir eine Preisabsprache getroffen“.

Da gibt es offenbar noch ein Defizit im Bewusstsein.

Ja, aber jetzt nicht mehr. Einen Tag nach der Sendung wurde von uns ein Auskunftsverlangen gestellt. Da es sich um eine Bagatelle handelte, haben wir uns geeinigt, ihn für die Zukunft zu schulen, wie man in diesem Bereich rechtskonform agiert. Damit ist die Sache erledigt. Ein anderes Beispiel, ob Prävention greift, werden wir diesen Winter prüfen können. Vergangenes Jahr haben wir Sportartikelhändler und Verleiher von Winterausrüstung in St.Anton wegen Preisabsprachen zu Geldbußen verurteilt. Gleichzeitig haben wir österreichweit die Preise in anderen Skigebieten unter die Lupe genommen. Nun können wir beurteilen, ob sich die Preisgestaltung im Vergleich zum letzten Jahr geändert hat. Ich bin gespannt.

ZUR PERSON

Theo Thanner ist Jurist und seit 2007 Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde. Davor war er unter anderem Leiter der Rechtssektion im Bundesministerium für Inneres sowie im Bundeskanzleramt und im Bundesministerium für Landesverteidigung tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2015)

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