Venezuela: Chávez blamiert sich mit Volkshandy

Chavez
Chavez(c) REUTERS (MARCOS BRINDICCI)
  • Drucken

Der Präsident taufte das günstige Handy persönlich "Vergatario". Das kommt von "Verga" - ein verflixt ordinärer Ausdruck für den Penis. Ab 2010 sollen bis zu vier Millionen Volkshandys im Jahr gebaut werden.

CARACAS/BUENO AIRES. Es kostet elf Euro. Es hat Kamera, Radio, MP3- und MP4-Player, man kann natürlich auch ins Internet damit. Und es hat diesen Namen.

„Vergatario“ taufte Präsident Hugo Chávez persönlich das neue, günstige „Volkshandy“, das seit Kurzem in Venezuela verkauft wird. Im Dialekt der venezolanischen Ölmetropole Maracaibo bedeutet „Vergatario“ zwar etwa das Gleiche wie das wienerische „leiwand“ oder so etwas wie „cool“; nur hat es eine tiefer liegende Bedeutung: Vergatario kommt von „Verga“. Das steht an sich für so etwas wie ein längliches Stück Holz. „Latte“ wäre passend. Und so wundert nicht, dass „Verga“ in der spanischsprachigen Welt gemeinhin etwas ganz anderes bedeutet: Es ist ein verflixt ordinärer Ausdruck für den Penis.

Den Namensgeber stört das nicht: Jüngst zückte Chávez im TV einen Apparat in rot-weißem Design und rief Mutter an. „Mama, das ist mein erster Anruf von meinem Vergatario, hast du deines auch schon gekriegt?“, fragte der Exfallschirmjäger. Mamas Antwort wurde nicht übertragen – deshalb ist unklar, ob Doña Elena die rüde Vokabel, die man trefflich mit „Schwanzofon“ übersetzen könnte, ebenfalls in den Mund nahm.

Vielen fällt das nicht leicht: Die konservative Zeitung „El Universal“ animierte ihre Leser zu einem Experiment: „Sagen Sie ,Vergatario‘ vor einem Spiegel. Betonen Sie diese Obszönität langsam, Silbe für Silbe. Und beobachten Sie Ihren Gesichtsausdruck.“

„Wer keines hat, ist nichts“

Chávez redet gern derb und zieht jeden Sonntag in seiner TV-Show „Aló Presidente“ vom Leder, duzt Gäste und Publikum in Grund und Boden und poltert gegen die alte „Oligarchie“, die er „Pitiyankees“ nennt, was „Zwerg-Yankees“ heißt. Die US-Regierung nennt er schon einmal „Scheiß-Yankees“.

Und so will sein Land der Ersten Welt nun ein Handy entgegensetzen: „Technologisch unabhängig“ will man mit dem Vergatario werden, verheißt die Regierung und versichert, es sei sogar garantiert abhörsicher. „Wer keines hat, ist nichts“, lachte Chávez bei der Produktpräsentation im TV.

Die Teile kommen aus China

Das in Venezuela montierte Modell aus chinesischen Teilen ist deswegen so billig, weil der Staat die Herstellung sehr stark subventioniert – und das obwohl die Erlöse aus dem Ölexport heuer um mehr als die Hälfte einbrachen. Die chinesische Firma „ZTE“ hält 15 Prozent am Joint Venture, das dieses Jahr 600.000 Stück absetzen will.

Ab 2010 sollen bis zu vier Millionen Vergatarios im Jahr gebaut werden, auch fürs übrige Lateinamerika. Ob die Exportware den venezolanischen Namen behält, ist unklar: Für kaum einen Latino außerhalb Venezuelas ist die Bezeichnung wirklich „cool“. Aber alle kennen Verga. Und „Verguenza“: Das bedeutet Schande.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.