VW-Chef soll bis Ende 2018 bleiben

Chairman of the Vorstand of Volkswagen Martin Winterkorn opened new communication platform Volkswage
Chairman of the Vorstand of Volkswagen Martin Winterkorn opened new communication platform Volkswage(c) imago/CTK Photo (imago stock&people)
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Erst hat Martin Winterkorn den Machtkampf gegen Patriarch Piëch gewonnen, nun wird sein Vertrag verlängert. Seine Chancen auf den Aufsichtsratsvorsitz schwinden damit aber.

Wien/Wolfsburg. So sehen scheinbare Sieger aus: Erst im April hat Martin Winterkorn einen beinharten Kampf um die Macht bei Volkswagen gewonnen. Der Patriarch und Aufsichtsratschef, Ferdinand Piëch, hatte seinem langjährigen beruflichen Ziehsohn das Misstrauen ausgesprochen, musste aber am Ende grollend den Rückzug antreten. Denn der Betriebsrat, das Land Niedersachsen und die Familie Porsche stellten sich demonstrativ hinter den operativen Chef des Autokonzerns. Sie bilden auch das Präsidium des Aufsichtsrates, das am Mittwoch den Vertrag des 68-Jährigen vorzeitig um zwei Jahre verlängert hat – bis zum 31. Dezember 2018. Das gesamte Kontrollgremium soll die Verlängerung am 25. September absegnen. Winterkorn sitzt wieder fest im Sattel.

Doch auf den zweiten Blick liegen die Machtverhältnisse nicht so klar. Denn Winterkorns Ziel war es, seine Berufslaufbahn an der Spitze des Aufsichtsrats zu beenden und damit Piëch zu beerben – was dieser verhindern wollte. Nun bleibt er aber noch über drei Jahre operativ tätig. „Wenn sein Vertrag ausläuft, wird er zu alt sein, den Posten zu übernehmen“, zitiert Bloomberg einen Analysten in London. Wer aber wird es dann?

Zumindest vorerst jemand anderer. Denn zurzeit steht dem Aufsichtsrat interimistisch ein Gewerkschafter vor, der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber. Über die endgültige Nachfolge für Piëch soll bis zum Jahresende entschieden werden, erklärte Niedersachsens Ministerpräsident, Stephan Weil, am Mittwoch. Die „Kleine Zeitung“ nennt als Geheimfavoriten Hans Dieter Pötsch. Der Finanzvorstand genießt offenbar in allen Lagern hohe Anerkennung. Auch Reuters zitiert einen Insider in diesem Sinn: Der Name des 64-jährigen Linzers sei gefallen, „aber es gibt noch andere“.

Auf Winterkorn wartet nun jedenfalls eine Mammutaufgabe. Er soll im Auftrag des Aufsichtsrates den Konzern umbauen: weg von der sehr zentralistischen Struktur, in der alle wichtigen Entscheidungen für zwölf Marken und fünf Kontinente in Wolfsburg getroffen werden, hin zu mehr Autonomie der Markengruppen und Regionen.

Dahinter stehen die Kritik Piëchs und breitere Einsicht. So kommt Volkswagen in den USA nicht vom Fleck, weil der Hersteller für diesen Markt nicht die richtigen Modelle anbietet. Das ist umso bitterer, als der US-Automarkt wieder boomt. Am Dienstagabend kam die Meldung, dass die Branche auf ihr stärkstes Jahr seit 2001 zusteuert. Ford und Chrysler legen kräftig zu – nicht aber VW, dessen Absatz im August um acht Prozent zurückging. VW erhofft sich bessere Zahlen, wenn das Management vor Ort die Autos stärker dem regionalen Geschmack anpassen kann.

Toyota auf den Fersen

Sorgen bereitet auch China, das eine wirtschaftliche Schwächephase erlebt. Es mehren sich nun die kritischen Stimmen, die dem Konzern vorwerfen, er habe seine Wachstumshoffnungen zu stark auf dieses Schwellenland konzentriert. Dazu kommt die schon fast chronische Renditeschwäche ausgerechnet bei der Kern- und Stammmarke VW. Wobei all diese Mängel relativ zu sehen sind: Volkswagen ist weiterhin der zweitgrößte Autohersteller der Welt, und im ersten Halbjahr hat er Toyota sogar überholt – wohl aber nur vorübergehend, weil die Japaner in den Schwellenländern besonders starke Einbußen erlitten haben.

An der Frankfurter Börse hatte Volkswagen gestern keinen sonderlich guten Tag: Während der DAX leicht zulegte, ging der Kurs der VW-Aktie um bis zu 1,1 Prozent zurück. Dabei dürfte aber weniger die Personalie Winterkorn den Ausschlag gegeben haben als vielmehr die enttäuschenden Zahlen aus Amerika. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2015)

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