Pension Salzburg

Neuerdings habe ich wieder einmal einen Anfall von Mitgefühl für Kronprinz Charles gehabt.

Der ist zehn Jahre älter als ich und wartet noch immer darauf, dass er endlich König aller Briten sein darf. Das Warten ist hart. So mancher Schulkollege von mir, der sein halbes Leben bei der Bundesbahn oder der Post schuftete, ist inzwischen in Pension, aber dem Windsor-Spross, dessen Stirnfalten von Jahr zu Jahr dramatischer werden, bedeutet Mama noch immer: Werd' erwachsen, Bub!

Ähnlich demütigend müssen unlängst die Signale gewesen sein, die der Konzertchef der Salzburger Festspiele vom Kuratorium erhielt. Erst ermunterte man Markus Hinterhäuser, der für eine Erneuerung des Festivals prädestiniert schien, sich um die Intendanz zu bewerben. Dann, nachdem ein Manager im Pensionsalter zum künftigen Chef gekürt worden war, hieß es, unter Alexander Pereira solle Hinterhäuser noch ein paar Lehrjahre absolvieren. Als ob er mit 50 noch nicht jahrzehntelange Erfahrung als Künstler und Manager hätte.

Wie wird also der Übergang werden, von Intendant Jürgen Flimm (der frühzeitig 2010 an die Staatsoper Berlin will) zu Pereira (der vorerst von Zürich aus das Programm für 2012 erstellt)? Alles Charles: Flimm fast weg, Schauspielchef Thomas Oberender beinahe weggemobbt, Hinterhäuser ein Kronprinz auf Abruf. Frust-Theater. Frust-Konzert. Oper wie gehabt.

Wäre ich zehn Jahre jünger, würde ich wahrscheinlich sagen: Typisch, die 68er haben es sich wieder gerichtet, die wissen nie, wann Schluss ist, diese Flimms, Pereiras und wie sie alle heißen, die sind doch alle von Ehrgeiz zerfressen wie eine alte Queen. Aber nein, für solch eine Fundamentalkritik an einer verdienten Generation bin ich altersmäßig schon zu weit fortgeschritten. Ich denke mir nur: Vielleicht ist es jetzt wirklich an der Zeit, dass man in der Pension Salzburg ein paar gediegene Met-Inszenierungen von Otto Schenk aus den Sechzigerjahren zeigt. Die Jungen kennen ihn ja gar nicht mehr, und eigentlich ist auch der Simonischek als „Jedermann“ noch viel zu jung. Kennt Pereira eigentlich Juppi Heesters? Der könnte in diese Rolle hineinwachsen.


norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2009)

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