„Trump lässt Clinton als vernünftige Alternative erscheinen“

Republican Presidential Candidate Donald Trump Rally Aboard The USS Iowa
Republican Presidential Candidate Donald Trump Rally Aboard The USS Iowa(c) Bloomberg (Patrick T. Fallon)
  • Drucken

Die Analystin Amy Walter vom Cook Political Report hält den Baumilliardär im „Presse“-Gespräch für fast chancenlos.

Die Presse: Hätten Sie erwartet, dass Donald Trump sich in den Umfragen so lang an der Spitze der republikanischen Präsidentschaftsbewerber hält?

Amy Walter: Nein. Die Frage ist bloß: Wird er sich bis zum Februar halten, wenn die Leute tatsächlich zu wählen beginnen?

Was meinen Sie?

Es wird von einigen Fragen abhängen, vor allem dieser: Wie engagiert treten die anderen Kandidaten ihm entgegen? Bisher konnte er aufsteigen, ohne von seinen Gegnern wirklich herausgefordert zu werden. Man sieht keine gezielte Angriffe auf ihn. Das wird sich nun ändern. Die Medien werden ihn nun auch zusehends genauer durchleuchten. Wenn er all dem widerstehen kann, dann könnte er gewinnen.

Wie viel Aussagekraft haben Meinungsumfragen eineinhalb Jahre vor einer Wahl?

Man muss da unterscheiden zwischen den grundlegenden Haltungen der Wähler und der Frage, wer gerade vorn liegt. Die für mich am wichtigsten erhobenen Daten zeigen eine republikanische Wählerschaft, die wirklich stark an einen untypischen Außenseiter-Politiker glaubt. Und sie neigen Donald Trump und Ben Carson zu, den beiden Kandidaten, die ihnen das geben, wonach sie suchen, nämlich jemanden, der nicht Teil des Systems und der kein Politiker ist. Je näher wir zu den Vorwahlen kommen, desto wichtiger werden zwei Fragen: Erstens, wie viel Wert legen die Wähler auf Ideologie? Und zweitens wird es um die Wählbarkeit gehen. Ist es den republikanischen Wählern wichtiger, Hillary Clinton zu schlagen, als den perfekten Kandidaten zu bekommen? Die Republikaner werden sich also fragen, ob es das wert ist, einen Kandidaten zu unterstützen, den man mag, der aber gegen einen demokratischen Gegner keine Chance hat.


Sie argumentieren, dass traditionelle konservative Politiker wie Jeb Bush oder Marco Rubio Trump nicht wirklich den Lack abkratzen können. Wer wäre dazu in der Lage?

Jemand von außerhalb – evangelikale Glaubensführer zum Beispiel, oder hohe Militärs, die sagen: Uns ist der Gedanke unangenehm, dass dieser Mann Oberbefehlshaber der Streitkräfte wird. Es müsste jemand sein, der keine eigenen Interessen verfolgt, sondern klar argumentiert, wieso eine Trump-Kandidatur keine gute Idee wäre.

Ist Trump ein neues Phänomen oder bloß die jüngste Version des „paranoiden Stils“ in Amerikas Politik, von dem der Historiker Richard Hofstadter schon vor 60 Jahren schrieb?

Absolut Letzteres. Trump versteht und verkörpert zwar die Medienkultur, in der wir leben, wie kein anderer Bewerber. Aber es gibt bei jeder Wahl einen Anti-Establishment-Kandidaten, der für eine gewisse Zeit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt. 2000 war es John McCain, er schlug George W. Bush in New Hampshire, 2003 war es bei den Demokraten Howard Dean. Diese Art von Kandidaten fällt letztlich immer zurück, weil es ihnen nicht gelingt, eine Koalition zu vereinen, die den sehr langen und harten Prozess einer Wahlkampagne überlebt. Man muss sich da zwei Jahre dahinterklemmen, der Druck wird immer größer, je näher die Wahl rückt. Je weiter man von ihr entfernt ist, desto mehr kann man sich auf Konzepte konzentrieren. Je näher die Wahl rückt, desto realistischer muss man werden.

Wenn Trump oder der pensionierte schwarze Neurochirurg Ben Carson entgegen aller Wahrscheinlichkeit nominiert wird: Kann Hillary Clinton dann schon ihre Siegesfeier planen?

Wenn man sich ansieht, wofür Trump steht, wie er schon einen großen Teil der Wähler abgestoßen hat, dann kann ich mir nicht vorstellen, wie er die Wahl gewinnen könnte. Er macht für Hillary Clinton, was wenige andere Republikaner können: Er lässt sie als eine vernünftige Alternative erscheinen. Und zudem schafft Trump einen Enthusiasmus für sie, den sie allein nicht bewerkstelligen könnte. Die größte Sorge für die Demokraten ist, dass Clinton nicht dieselbe Begeisterung bei jungen Wählern und solchen aus ethnischen Minderheiten erweckt, wie das Barack Obama zweimal getan hat. Clinton braucht also ein gutes Schreckgespenst. Und Donald Trump wäre ein gutes Schreckgespenst, nach der Devise: Ihr mögt mich vielleicht nicht, aber hallo: Ihr könnt es nicht zulassen, dass dieser Kerl Präsident wird.

www.Bericht über die zweite TV-Debatte der republikanischen Kandidaten:www.diepresse.com/republikaner

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Carly Fiorina
Außenpolitik

US-Präsidentenwahl 2016: Carly Fiorina bremst Donald Trump aus

Die frühere Hewlett-Packard-Chefin überzeugte bei der zweiten republikanischen TV-Debatte mit Klarheit und Nervenstärke und wies den derzeit in den Umfragen führenden Baumilliardär mehrfach in die Schranken.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.