Schiffsfonds: Nun auch Erste Bank verurteilt

The headquarters of Erste Group Bank is pictured in Vienna
The headquarters of Erste Group Bank is pictured in ViennaREUTERS
  • Drucken

Schriftliche Unterlagen zu dem Risiko gab es. Dennoch entschied das Gericht zugunsten der Kunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Mit geschlossenen Fonds, die meist in Schiffe oder Immobilien in den Niederlanden investierten, haben zahlreiche österreichische Banken vor Gericht zu kämpfen. Zigtausende Privatanleger haben damit viel Geld verloren. Einige haben ihre Bank geklagt, weil sie sich nicht über die hohen Risiken der Anlage aufgeklärt fühlen. Nun gibt es ein erstes - nicht rechtskräftiges - Urteil gegen die Erste Bank.

Laut Handelsgericht Wien muss die Erste Bank zwei Klägern ihr Geld, das sie 2006 und 2008 bei Schiffsfonds des deutschen Emissionshauses HCI investiert hatten, zurückzahlen. Die Erste Bank hat die Kunden nicht über das Totalverlustrisiko aufgeklärt und ihnen außerdem verschwiegen, dass sie zusätzlich zum Ausgabeaufschlag eine Vertriebsprovision erhielt, stellte das Gericht fest. Die Bank ist dagegen bereits in Berufung gegangen.

Ähnlich konstruiert wie MPC-Fonds

Die HCI-Fonds, die mit der Wirtschaftskrise unter Wasser gerieten, waren im Grunde gleich konstruiert wie jene des Marktführers MPC, die ebenfalls großflächig von österreichischen Banken verkauft wurden. Das Problematische aus Kundensicht: Die Anleger wurden Kommanditisten einer KG. Daher waren die erfolgten Auszahlungen keine Zinsen, sondern Rückzahlungen des Eigenkapitals. Das ausgeschüttete Geld kann von der Gesellschaft zurückgefordert werden - im Pleitefall kann das auch der Masseverwalter tun.

Weiters problematisch waren die hohen "Weichkosten" der Schiffs-und Hollandfonds. "Rund ein Viertel fließt immer ab", sagte der Anwalt der beiden Kläger, Max Leitner, zur APA. Es kamen also nur drei Viertel des Anlegergeldes tatsächlich bei den Schiffen oder Holland-Immobilien an. Zusätzlich kassierten die Banken hohe Kick-back-Zahlungen, über die die Kunden in der Regel nichts wussten.

Erste erhielt "Innenprovision"

Im aktuellen Fall bekam die Erste Bank sogar eine "Innenprovision" von sieben Prozent, wie aus dem HG-Urteil, das der APA vorliegt, hervorgeht. Die Bank hatte eine entsprechende Vertriebsvereinbarung mit HCI. Der Bankberater klärte die Kunden beim Kauf der Anlage jedoch nicht darüber auf, so das Handelsgericht.

Auch über Rückzahlungspflicht der erhaltenen Ausschüttungen wurden sie nicht informiert. Dass in den schriftlichen Unterlagen diverse Risiken angeführt wurden, tat für die Richterin nichts zur Sache: "Die Kläger durften sich darauf verlassen, dass ihnen die ... (vom Berater) empfohlenen ... Beteiligungen mündlich richtig und umfassend erklärt wurden, und waren nicht gehalten, anzunehmen, in den schriftlichen Unterlagen, Formularen oder Vertragstexten sei davon Abweichendes geregelt." Es trifft die Kläger daher kein Mitverschuld.

Bank: Es gab schriftliche Informationen

Die Bank hatte vor Gericht vorgetragen, die Kunden hätten schriftliche Unterlagen zu den Risiken der Fonds erhalten. Nicht nur mit diesem Argument blitzte sie ab. Auch den Einwand, das ganze sei bereits verjährt - bei Schadenersatz gilt eine dreijährige Frist - ließ das Gericht nicht gelten. Zwar wurden die Kläger schon im Jahr 2009 über die Schieflage einer Schifffahrtsgesellschaft und eine folgende Insolvenz sowie über ausbleibende Ausschüttungen beim "HCI Shipping Select 26" informiert. Von den "versteckten Provisionen", wie sie Leitner nennt, erfuhren sie aber erst 2013.

Die Erste Bank bestätigte der APA, gegen das Urteil bereits in Berufung gegangen zu sein.

Das erste rechtskräftige Urteil in Sachen geschlossene Fonds ist kürzlich gegen Raiffeisen ergangen. Dabei ging es um einen Hollandfonds von MPC.

Auf einen Blick

Schiffs-Hollandfonds von deutschen Emissionshäusern wie MPC oder HCI wurden Anfang der 2000er Jahre in großem Stil von fast allen heimischen Banken verkauft. Allein zwischen 2004 und 2008 haben so geschätzte 10.000 österreichische Kleinanleger rund 700 Mio. Euro in Kühl- und Containerschiffe oder Tanker investiert. Viele Schifffahrtsgesellschaften sind aber zwischenzeitlich in die Pleite geschlittert, zahlreiche Anleger - technisch gesehen Kommanditisten - mit Nachschussforderungen konfrontiert.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

File photo of the logo of Raiffeisen bank as seen through raindrops at a branch office in Vienna
Home

"Ausschüttungsschwindel": Pensionist gewinnt gegen Raiffeisen

Das erste rechtskräftige Urteil in Sachen Hollandfonds liegt vor: Der Kunde sei nicht über alle Risiken aufgeklärt worden.
Symbolbild.
Wirtschaftsrecht

Schiffsfonds: OGH spricht Anleger Schadenersatz zu

Beratungsfehler. Auch wenn ein Fehler des Beraters schon verjährt ist, kann seine Haftung wegen eines anderen Fehlers weiterbestehen.
File photo of the logo of Raiffeisen bank as seen through raindrops at a branch office in Vienna
Home

"Ausschüttungsschwindel": Pensionist gewinnt gegen Raiffeisen

Das erste rechtskräftige Urteil in Sachen Hollandfonds liegt vor: Der Kunde sei nicht über alle Risiken aufgeklärt worden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.