Schiffsfonds: OGH spricht Anleger Schadenersatz zu

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Beratungsfehler. Auch wenn ein Fehler des Beraters schon verjährt ist, kann seine Haftung wegen eines anderen Fehlers weiterbestehen.

Wien. In Sachen Schiffsfonds hat der OGH einem Anleger einen Schadenersatz gegen einen Vermögensberater zugesprochen (3 Ob 112/15i). Bei diesem hatte der Anleger eine Kommanditbeteiligung an der „HCI Renditefonds IV GmbH & Co KG“ erworben. Der Beklagte riet dem Kläger zu diesem Investment und stellt die Veranlagung als sicher dar, weil die Investition in Sachwerte – eben in Schiffe – erfolge, heißt es in dem Urteil.

Er prognostizierte eine jährliche Rendite von etwa sieben Prozent. Die jährlichen Zahlungen, die dem Anleger in Aussicht gestellt wurden, bezeichnete er als „Ausschüttung“ und vermittelte den Eindruck es handle sich dabei um eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Das Kapital selbst werde am Ende der Laufzeit an den Anleger zurückgezahlt. Auf das Risiko eines Totalverlusts wies der Berater den Anleger nicht hin. Auch dass es aufgrund von Ausschüttungen zu einer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern kommen könnte, erwähnte der Vermögensberater nicht. Insgesamt habe der Kläger habe den Eindruck gewonnen, es handle sich bei der Veranlagung um einen Investmentfonds.

Tatsächlich bedeutet eine Kommanditbeteiligung aber unternehmerisches Risiko – einschließlich der Möglichkeit eines Totalverlusts der Investition. Ausschüttungen an die Anleger können auch (teilweise) Rückzahlungen der geleisteten Einlage sein, was zu einer Nachschusspflicht des Anlegers führen kann. Selbst eine Haftung des Anlegers über die geleistete Einlage hinaus (Durchgriffshaftung) für Schäden, die beim Betrieb der Schiffe oder aufgrund eines Unfalls entstehen, könne nicht ausgeschlossen werden, so der OGH.

Nicht alles war schon verjährt

Ein wesentlicher Aspekt war die Frage, wann Schadenersatzansprüche wegen Beratungsfehlern verjähren. Der Zeitpunkt, als dem Kläger sein Risiko erstmals bewusst wurde, ließ sich nicht mehr exakt feststellen – wohl aber, dass das nicht vor dem 30. September 2010 der Fall gewesen sei. Seinen Berater geklagt hat der Anleger am 20. September 2013.

Der OGH hielt fest, dass sich die Verjährung auf den jeweils geltend gemachten Anspruch bezieht: Stützt der Kläger sein Begehren alternativ auf verschiedene Sachverhaltsvarianten, liegen in Wahrheit zwei (oder mehrere) Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind.

Auch in diesem Fall machte der Kläger für sein (auf Naturalrestitution gerichtetes) Leistungsbegehren alternativ mehrere Beratungsfehler geltend. Selbst wenn hinsichtlich eines dieser Fehler bereits Verjährung eingetreten ist, könne dem Anspruch trotzdem stattgegeben werden, wenn ein anderer Beratungsfehler noch nicht verjährt ist, entschied das Höchstgericht. Konkret hätte der Kläger schon mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung erkennen können, dass seine Veranlagung nicht sicher, sondern mit der Gefahr eines Kapitalverlustes verbunden ist. Von dem, was unter dem Schlagwort „Ausschüttungsschwindel“ läuft – dass nämlich der Eindruck erweckt worden sei, die Ausschüttungen wären Zinsen – habe er jedoch erst später, weniger als drei Jahre vor der Einbringung der Klage, Kenntnis erlangt. Auch dieser Fehler sei für die Anlageentscheidung kausal gewesen.

Ein Mitverschulden des Anlegers an dem Schaden verneinte der OGH. Der Kläger hätte zwar bei genauem Studium des Kapitalmarktprospektes die rechtliche Konstruktion der erworbenen Beteiligung erkennen können, heißt es in dem Urteil. Nur habe er vorher keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass erhaltene Informationen womöglich nicht stimmen. Es habe daher für ihn keine Obliegenheit bestanden, sich den Kapitalmarktprospekt zu beschaffen und ihn zu lesen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2015)

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