Wie Altautos nach Afrika kommen

Das Geschäft mit den „Kaufe Auto“-Kärtchen in Wien wird professioneller.

Das Geschäft mit alten Autos ist professioneller geworden. Das kennt man schon am Kärtchen: Waren es früher einfache Zettel mit „Kaufe Auto“ und Handynummer, sind es nun laminierte Visitenkarten mit ausführlichem Text, Erklärungen, dass Alter, Schäden oder Kilometerstand egal seien, und mitunter mit Firmennamen und Website, die in den Fensterrahmen älterer Autos klemmen.

Beliebt seien, so sagt einer der afrikanischstämmigen Autohändler, die diese Kärtchen verteilen, vor allem deutsche Marken und da vor allem Mercedes – die seien den Mechanikern vor Ort bekannt und gelten nach wie vor als Statussymbol. Und Autos, die mindestens 15, gern 20 Jahre alt seien. Da ist die Elektronik nicht so ausgefeilt, diese lassen sich in einfachen Werkstätten wieder flottmachen. Das Geschäft mit alten, fast schrottreifen Autos ist in Wien zum Teil fest in afrikanischen Händen. Organisiert meist nach Nationalitäten – vor allem Nigerianer und Ghanaer seien da stark involviert, schließlich sind diese Länder auch die größten afrikanischen Märkte für Gebrauchtautos. Der Handel in Wien läuft jedenfalls oft informell, Kärtchenverteilen als kleiner Nebenjob für ein Netzwerk aus Freunden oder Angehörigen – das oft bis zum Weiterverkauf in den afrikanischen Zielländern reicht.

Aber der Handel wird professioneller: In Randgebieten Wiens gibt es heute Schrottplätze, betrieben von Nigerianern, auf denen Autos zerlegt werden – und wo Ersatzteile oft direkt an Händler, die aus Osteuropa zu diesen Plätzen kommen, verkauft werden. Autos, die noch fahrtüchtig sind, werden zum Teil nach Afrika verschifft – nachdem Autos und Container zuvor mit Reifen oder ausgebauten Ersatzteilen gefüllt wurden.

Wie viele Autos Österreich jedes Jahr auf diesem Weg verlassen, ist nicht gesichert – schließlich bewegen sich die Exporteure oft in Grauzonen. In der Entsorgerbranche geht man von bis zu 100.000 illegal exportierten Autos pro Jahr aus, wie viele nach Afrika gehen, ist unklar. Offen reden will von den afrikanischen Autohändlern darüber auch keiner gern.

Von den Häfen Hamburg, Antwerpen oder Rotterdam werden jedenfalls jedes Jahr hunderttausende Autos nach Westafrika verschifft – damit der Zoll die Ausfuhr genehmigt, muss ein Auto oder Lkw aber fahrtüchtig sein. Rund zwei Wochen dauert die Seereise jedenfalls. Als größter Umschlagplatz Westafrikas gilt der Hafen Cotonou in Benin, wo oft Angehörige der Wiener Kärtchenverteiler die Autos übernehmen und diese – sofern die Container nicht im Zoll festhängen und erst nach Schmiergeldzahlung freigegeben werden – nach Nigeria, Ghana oder in den Tschad transportiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2015)

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