Gudenus zu Proporz: „Es braucht diese Posten“

Johann Gudenus (FPÖ),  Martin Stuhlpfarrer, Ulrike Weiser
Johann Gudenus (FPÖ), Martin Stuhlpfarrer, Ulrike Weiser (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der FPÖ-Politiker wird gemäß Stadtverfassung einer von zwei Wiener Vizebürgermeistern, jedoch ohne Ressort. Er erklärt, warum er den Posten dennoch für nötig hält.

Die Presse: Wie war für Sie das Sondierungsgespräch mit dem Bürgermeister?

Johann Gudenus: Wir haben parlamentarische Optionen ausgelotet. Dass er mit uns nicht koalieren will, war klar. Ich habe angeboten, ein Ressort zu übernehmen, das hat er ausgeschlagen. Schade.

Sie wollten das Sicherheitsressort.

Ja. Prinzipiell habe ich vorgeschlagen, dass auch alle nicht amtsführenden Stadträte ein Ressort übernehmen, wie das in anderen Bundesländern der Fall ist.

Dann würde aber in Sparzeiten die Regierung erweitert.

Nein. Sie müsste in Summe trotzdem reduziert werden.

Andere Bundesländer wechseln vom Proporz zu Koalitionen.

Es gibt auch Beispiele, wo man dabei bleibt. In Oberösterreich hat unser Manfred Haimbuchner das Wohnressort erfolgreich geführt.

Die FPÖ tritt gegen Proporz und Steuergeldverschwendung auf. Als im Parlament beantragt wurde, die machtlosen nicht amtsführenden Stadträte abzuschaffen, die rund 8500 Euro im Monat verdienen, stimmte die FPÖ aber dagegen. Wie passt das?

Ich will diesen Posten aufwerten.

Eine Aufwertung – darüber haben wir gerade gesprochen – wird es in Wien nicht geben. Warum stimmt die FPÖ also gegen die Abschaffung des Proporzes?

Wir werden bei der ersten Landtagssitzung den Antrag einbringen, dass die nicht amtsführenden Stadträte ein Ressort bekommen. Den Antrag haben wir schon öfter gestellt – er wird immer abgelehnt.

Sogar der Wiener Ex-ÖVP-Chef, der selbst nicht amtsführender Stadtrat war, war für die Abschaffung – im Tausch für mehr Kontrollrechte der Opposition. Wäre das nicht vernünftig?

Wir sind für eine Abschaffung, indem wir für eine Aufwertung durch eine Ressortzuteilung sind.

Aber als Bürger versteht man nicht, warum es so viele sinnlose Posten gibt. Obwohl in Wien Landtag und Gemeinderat ident sind, gibt es etwa einen Landtagspräsidenten mit zwei Stellvertretern und einen Gemeinderatsvorsitzenden mit drei Vertretern, die Bezirksvorsteher haben zwei Vize. Muss das sein?

Es braucht diese Posten, die parteipolitisch aufgeteilt sind, denn ohne sie würde die stärkste Partei dauernd den Vorsitz führen. Das gilt auch für die Bezirke. Eine Partei, die wie die FPÖ ein Drittel der Wählerstimmen hat, soll auch repräsentieren. Die Vize, die ich kenne, machen sehr gute Arbeit.

Sie sehen sich in Ihrer Rolle als Vizebürgermeister auch als Ombudsmann. Was heißt das?

Ich werde mein Büro für Bürger öffnen, die meinen, dass sie unter die Räder der Verwaltung gekommen sind. Mit meinem Sitz im Stadtsenat kann ich Anliegen dort deponieren. Ich habe ja auch ein Vertretungsrecht für den Bürgermeister und ein Kontrollrecht.

Der Bürgermeister wird sich eher nicht von einem FPÖ-Vize vertreten lassen.

Unser größter Erfolg in dem Kontext ist, Maria Vassilakou von der Position vertrieben zu haben.

Sie haben ein ausgeprägtes Interesse an Außenpolitik. Werden Sie im Ausland als Wiener Vizebürgermeister auftreten?

Eine aktive Stadtaußenpolitik wäre nicht schlecht. Also warum nicht?

Das Außenministerium war von Ihren Reisen (zum Referendum auf die Krim bzw. zu dem umstrittenen tschetschenischen Machthaber, Ramsan Kadyrow, Anm.) wenig begeistert und hat kritisiert, dass Sie dort als offizieller Vertreter gesprochen haben.

Ich habe nie gesagt, die österreichische Regierung zu vertreten.

Wenn Sie als Vizebürgermeister auftreten, wird angenommen, dass Sie die Stadt vertreten.

Ich biete mich nur an, die Stadtaußenpolitik als Vertretung des Bürgermeisters wahrzunehmen. Ich muss mit ihm darüber reden.

Wenn Sie nicht in offizieller Mission unterwegs sind, treten Sie dann auch als Vize auf?

Das kommt auf den Einzelfall an.

Von Ihnen gibt es regelmäßig Sager wie „Jetzt heißt es Knüppel aus dem Sack für Asylbetrüger, illegale Ausländer, Islamisten und linke Schreier“. Werden Sie solche Formulierungen als Vizebürgermeister künftig vermeiden?

Natürlich kann man manches anders formulieren, aber ich lasse mir nicht den Mund verbieten.

Was haben Sie mit „Knüppel aus dem Sack“ eigentlich gemeint?

Der Staat hat ein Gewaltmonopol. Wenn er ausgenutzt wird, muss er sich wehren.

Was heißt das genau?

Der Rechtsstaat soll greifen, wo es notwendig ist. Man muss etwa auch im Sozialbereich Schranken setzen.

Mit Gewalt?

Nein, es geht um Rechtsstaatlichkeit.

Aber Sie haben vom Gewaltmonopol gesprochen.

Wenn Leute Strafgesetze nicht einhalten, betrifft das den Polizeibereich. Ich bin nur für die Anwendung der Gesetze.

Der Wechsel von Ursula Stenzel hat für Aufsehen gesorgt. Was wird ihre Aufgabe im Gemeinderat – oder wird sie ohnehin Bundespräsidentschaftskandidatin?

Sie ist im Gemeinderat vielseitig einsetzbar, zu Letzterem werden wir uns rechtzeitig äußern.

Rund um Stenzel ist auch eine Debatte entstanden: Wie bürgerlich ist die FPÖ? Ist sie für Sie denn eine bürgerliche Partei?

Die FPÖ hatte immer auch eine starke bürgerliche Prägung.

Wenn ich an unser Interview mit Heinz-Christian Strache vor der Wahl denke, hatten wir den Eindruck, die FPÖ sei eher eine linke Partei. Sehen Sie das auch so?

Viele sagen, dass man uns aufgrund der starken Betonung der sozialen Komponente als links bezeichnen kann. Ich sehe das anders: Links und Rechts ist für mich keine politische Einteilung.

Das heißt, die FPÖ ist für Sie weder links noch rechts?

Wir sind die soziale Heimatpartei.

Das war jetzt keine Antwort.

Meine Antwort ist: Wir sind die soziale Heimatpartei.

Beim FPÖ-Wahlfest waren angeblich NPD-Mitglieder. Haben Sie das mitbekommen?

Nein.

Laut FPÖ-Generalsekretär hätte man ihnen gesagt, sie wären unerwünscht, wenn man es gemerkt hätte. Sehen Sie das auch so?

Ja.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2015)

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