Der Welcome-Bahninfarkt

Der Staat kann Verkehrsinfrastruktur nicht mehr aufrechterhalten.

Die private Westbahn hat von den ÖBB wegen der Einschränkungen durch die Flüchtlingskrise eine Reduzierung der zu leistenden Infrastruktur-Maut verlangt – und damit nicht nur peinliche Kommentare eines ÖBB-Sprechers („Kapital aus der Flüchtlingskrise schlagen“), sondern auch einen ausgeprägten Shitstorm geerntet.

Dabei haben die „Westbahner“ einfach nur recht: Sie haben bei den für das Schienennetz zuständigen ÖBB exakt definierte Infrastrukturleistungen bestellt. Und diese nicht in vollem Umfang bekommen. Die Zurückhaltung eines Teils des vereinbarten Entgelts ist in der Wirtschaft in solchen Fällen schlicht normal.

Aber erstens sind die ÖBB nicht „Wirtschaft“, sondern „Staatswirtschaft“. Und zweitens: Was ist heute schon normal? Wir haben uns längst damit abgefunden, dass es seit Wochen keine Zugverbindung mehr zwischen Wien und München gibt. Und wir nehmen es achselzuckend zur Kenntnis, dass man auch nicht mehr darauf wetten kann, mit der Bahn von Graz nach Maribor zu kommen. Dafür können die ÖBB freilich auch nichts. Und daran ist genau genommen auch nicht die Migrationskatastrophe schuld, die sich gerade in Mitteleuropa abspielt. Das liegt vielmehr daran, dass der Staat, wie man gestern wieder in Leibnitz recht drastisch gesehen hat, weder seine territoriale Souveränität noch seine Verkehrsinfrastruktur aufrechterhalten kann. Oder will.

Das ginge nämlich sehr wohl auch, ohne dass man Grenzen schließt. Aber wenn die Polizei ungeduldige „Schutzsuchende“, die Absperrungen durchbrechen und auf Autobahnen und Bahngleisen losmarschieren, nur „bittet“, dieses Verhalten vielleicht zu überdenken, dann hat die Staatsmacht eben abgedankt.

Bei der Gelegenheit: Weiß eigentlich jemand, was Herr Faymann beruflich macht? Im Ausland behauptet er ja öfter, er sei unser Bundeskanzler. In der laufenden Migrationskrise merken wir aber nicht allzu viel davon.

Wie auch immer: Die ÖBB kommen schon zu ihrem Geld, wenn durch Staatsversagen Verkehrsinfrastruktur lahmgelegt wird. Aber wie kommen Privatunternehmen dazu, auf solchen Kosten sitzen zu bleiben?

E-Mails: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2015)

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