AvW: Entschädigung für Anleger

OGH-Beschluss: Die Haftungsgesellschaft muss zahlen, entschied das Höchstgericht.

Wien. Neuer Hoffnungsschimmer für Anleger in der Causa um die AvW-Pleite: Der OGH sprach einem Genussscheininhaber eine Entschädigungszahlung der Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen (AeW) zu. Diese Haftungsgesellschaft ist mit der Einlagensicherung für Bankguthaben vergleichbar, sie haftet für bis zu 20.000 Euro pro Anleger. Weil aber österreichische Wertpapierfirmen ohne Bankkonzession kein Kundenvermögen halten dürfen, kann es normalerweise nur dann zu Haftungsfällen kommen, wenn das Unternehmen seine Befugnisse überschritten hat.

Im Zusammenhang mit der AvW–Pleite ist die Rechtsprechung dazu uneinheitlich. Im aktuellen Fall bejahte das Höchstgericht die Haftung des AeW (7Ob116/15g): Das Verbot, Kundenvermögen zu halten, erfasst demnach auch das „mittelbare“ Halten. „Ein solches liegt etwa vor, wenn sich nicht das Wertpapierunternehmen selbst, sondern ein mit ihm rechtlich oder wirtschaftlich verbundener Rechtsträger die Kundengelder oder die Finanzinstrumente aneignet“, heißt es in dem OGH-Beschluss. „In Betracht kommt auch eine Verflechtung der beiden Rechtsträger im Sinn einer Beherrschung oder einer weitgehenden Identität der Eigentümer.“ Nach der Ansicht der Vorinstanz war das hier der Fall. Der OGH hielt auch fest, dass es keine generelle Ausnahme für Genussscheine von der Entschädigungspflicht gibt.

Die Entscheidung gilt nicht automatisch für alle rund 8000 Anleger, die die Anlegerentschädigung verklagt haben. Die AeW will nun den Ausgang weiterer anhängiger Musterprozesse abwarten. Man wolle aber Massenklagen vermeiden und sei auch mit Anlegeranwälten im Gespräch, sagte deren Geschäftsführer, Michael Lubenik, zur APA. Sollte die AeW tatsächlich alle Anleger entschädigen müssen, könnte sogar der Steuerzahler einspringen müssen. Der Entschädigungsfonds würde dafür bei Weitem nicht ausreichen, sagte Lubenik. Laut Gesetz müssen die Mitgliedsfirmen in diesem Fall zwar Sonderbeiträge zahlen, diese sind aber gedeckelt. Letztlich müssten Fremdmittel aufgenommen werden, „für die der Bundesminister für Finanzen die Haftung übernehmen kann“, so Lubenik. (cka/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2015)

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