Buchmesse: Die Dämonen auf der Buch Wien

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Tipps eines Islamismus-Experten und kundige Kapitalismuskritik, literarische Kaliber und Publikumslieblinge – am Mittwoch startet die Buch Wien. Ein paar Empfehlungen.

Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller trat im Vorjahr bei der Wiener Buchmesse auf, mit diesem Format kann die Buch Wien heuer nicht aufwarten – aber dennoch mit glücklich gewählten prominenten Gästen. So hält am Mittwochabend der 81-jährige Schweizer Schriftsteller und Büchner-Preisträger Adolf Muschg die Eröffnungsrede – auf die man gespannt sein kann; Muschg ist ein pessimistischer Darsteller der Gegenwart, der aber trotzdem leidenschaftlich an die Kraft von Worten, Bildern, der Fantasie glaubt.

Der Kinderbereich ist größer als je zuvor, es gibt noch ein wenig mehr Aussteller als im vergangenen Jahr – Kleinmut kann man der Buch Wien wahrlich nicht vorwerfen, die sich vor acht Jahren auf Anhieb in Wien etabliert hat. Jedes Jahr unternimmt sie geschickt den Spagat zwischen (viel) Populärem und (hinreichend) Elitärem; und wie jedes Jahr fällt es schwer, sich im Dickicht des Angebots zurechtzufinden – zumal die Buch Wien wie stets von der Lesefestwoche begleitet wird; sie hat bereits am Montag begonnen und bietet bei freiem Eintritt unzählige Lesungen.

Der politisch hochaktuelle Sachbuch-Schwerpunkt zählt heuer zu den empfehlenswertesten Bereichen. Da antwortet etwa der Brite Colin Crouch auf Fragen zu den Finanzmärkten: Sein Buch „Postdemokratie“ hat ihn bekannt gemacht, heuer ist der bereits zweite Folgeband dazu erschienen („Die bezifferte Welt – Wie die Logik der Finanzmärkte das Wissen bedroht“). Das Wirtschaftssystem als Ergebnis von Angst und Wahn ist Thema des Prager Ökonomen Tomáš Sedláček („Lilith und die Dämonen des Kapitals“, gemeinsam verfasst mit „Furche“-Redakteur Oliver Tanzer). Rüdiger Safranski präsentiert sein Buch über die „Zeit“, Stalinismus-Forscher Jörg Baberowski erklärt, warum Gewalt jederzeit ausbrechen kann und nur eine Frage der Umstände ist. Und der einst dem Islamismus zugeneigte Ahmad Mansour gibt in „Generation Allah“ Tipps, wie der Westen im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken kann (was er dem Autor zufolge unbedingt muss).

Zu den interessantesten literarischen Gästen gehört der ägyptische Schriftsteller Alaa al-Aswani; sein Roman „Der Jakubijan-Bau“ ist einer der meistgelesenen ägyptischen Romane, in Wien präsentiert er sein neuestes Werk. Spannend dürfte das Gespräch mit der Israelin Lizzie Doron werden, die in ihrem fabelhaften Roman „Who the Fuck is Kafka?“ von ihrer Freundschaft zu einem palästinensischen Journalisten erzählt. Bekannte Krimiautoren treten auf, wie der mit seinen Istanbul-Krimis so erfolgreiche Celil Oker, und auch Feridun Zaimoğlu präsentiert einen in Istanbul spielenden Roman: „Siebentürmeviertel“.

Buch Wien: Messe und Lesefest

Lesefestwoche: Noch bis Sonntag finden an 39 Orten in Wien Lesungen bei freiem Eintritt statt.
Internationale Buchmesse: Sie startet am Mittwochabend mit der Eröffnungsrede (Adolf Muschg) und der „Langen Nacht der Bücher“ (bis Mitternacht) und dauert bis Sonntag – mit Lesungen, Gesprächen und einem großen Kinderbereich. Messe Wien, Halle D, Trabrennstraße, 1020 Wien (U2-Station Krieau). Infos: www.buchwien.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2015)

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