AKW-Ausbau: EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn

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Vor der Auftragsvergabe an Russlands Rosatom habe es kein transparentes
Verfahren gegeben, kritisiert die EU.

Die Europäische Kommission hat gegen das Mitgliedsland Ungarn im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Atomkraftwerks Paks ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Nach Ansicht der Kommission hat Ungarn dem russischen Atomkonzern Rosatom den Auftrag für den Bau zweier neuer Blöcke "ohne transparentes Verfahren" erteilt, wie am Donnerstag in Brüssel verlautete.

Die EU-Kommission startete in dieser Angelegenheit ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren. Ungarn hat zwei Monate Zeit, um auf die Fragen aus Brüssel zu antworten. Der ungarische Kanzleramtsminister Janos Lazar erklärte in einer ersten Reaktion, dass Ungarn die Angelegenheit notfalls auch vor dem Europäischen Gerichtshof austragen werde. "Die Kommission ist der Auffassung, dass die direkte Auftragsvergabe für das Kernkraftwerk-Projekt Paks II nicht mit dem EU-Vergaberecht im Einklang steht", hieß es in der Erklärung des Brüsseler Gremiums.

Den Bau der zwei neuen AKW-Blöcke hatte der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident Viktor Orban im Vorjahr mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vereinbart. Rosatom soll die Blöcke und die Brennstäbe liefern. Moskau stellt außerdem einen Kredit in Höhe von zehn Milliarden Euro bereit. Kritiker sehen darin ein Geschäft, das Ungarn in massive Abhängigkeit von Russland bringt.

"Ungarn ist bereit, die Angelegenheit vor Gericht auszutragen, aber auch dazu, in den kommenden zwei Monaten eine Einigung (mit der Kommission) anzustreben", erklärte der ungarische Kanzleramtsminister Lazar am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Budapest. Es handle sich nicht um ein politisches, sondern um ein handelsrechtliches Problem. "Die Frage ist, ob Ungarn das Recht dazu hat, derartige Verträge mit einem Nicht-EU-Land (wie Russland) zu schließen", fügte er hinzu.

Nach unbestätigten Informationen des Internet-Portals bruxinfo wollte die Kommission die Regierung in Budapest auch dazu auffordern, die Vorbereitungen und Arbeiten im Zusammenhang mit dem Ausbau von Paks einzustellen. Eine Sprecherin der Kommission wollte das am Donnerstag unter Berufung auf Vertraulichkeit nicht kommentieren.

Die Regierung des machtbewussten Orban sieht sich immer wieder mit EU-Vertragsverletzungsverfahren konfrontiert. Derartige Prozeduren leitete die Kommission in der Vergangenheit unter anderem wegen Missständen in der Justiz und im Datenschutz und wegen juristischer und steuerpolitischer Diskriminierung von internationalen Banken, Energiedienstleistern und Handelsketten ein.

In Österreich wurde die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens von Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) und Umweltschutzorganisationen einhellig begrüßt. Greenpeace forderte darüberhinaus eine Ausweitung der wettbewerbsrechtlichen EU-Untersuchungen. Die EU-Kommission solle auch eine mögliche Verletzung des Beihilfenrechts und der EU-Energiebinnenmarktvorschriften prüfen, erklärte Greenpeace.

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