Viele Filialen, hohe Preise, wenig Konkurrenz

Einkaufen in Wien
Einkaufen in Wien(c) Clemens Fabry
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In keinem EU-Land ist die Ladendichte höher als in Österreich, zeigt der Vergleich. Auch bei Preisniveau und Markt- konzentration liegt die Republik im Spitzenfeld.

Es ist beinahe ein jährliches Ritual: Erst Ende November hat die Arbeiterkammer ihren jüngsten Preisvergleich zwischen Österreich und Deutschland präsentiert. Verglichen wurde dabei der Preis eines Warenkorbs mit 151 Drogerieprodukten, die in je fünf Supermärkten und drei Drogeriemärkten in Wien und München gekauft worden waren. Das Ergebnis fiel dabei aus wie bei sämtlichen Tests der vergangenen Jahre: Die Preise in Wien sind deutlich höher. Im konkreten Fall kostete der Warenkorb sogar um 54 Prozent mehr. Als Grund für den Unterschied sieht die AK die hohe Marktkonzentration im heimischen Lebensmittelhandel und den deshalb zu geringen Wettbewerb.

Und wie jedes Jahr reagierten die Handelsketten mit zwei Argumenten auf die Vorwürfe: Der Preisunterschied sei nicht so hoch, wie von den Konsumentenschützern angegeben, weil es hierzulande ständig Rabattaktionen und Stammkundenprogramme gebe, die in Deutschland fehlen würden. In Wirklichkeit seien die Waren in Österreich lediglich fünf bis sieben Prozent teurer. Und dieser Preisunterschied erkläre sich durch die höhere Filialdichte. Aufgrund der heimischen Geografie brauche es einfach mehr Filialen, um nah genug an den Kunden zu sein. „Natürlich können wir in Österreich Preise wie in Deutschland anbieten. Dafür müssten wir aber zwei von drei Filialen zusperren“, hieß es bei DM einst zu dem Thema.


Spitzenreiter. Doch welche der beiden Seiten hat nun Recht? Eindeutig kann diese Frage nicht beantwortet werden, da wohl sämtliche vorgebrachten Argumente ihr Scherflein zum gemessenen Preisunterschied beitragen. So stimmt es, dass Österreich bei der Filialdichte europäischer Spitzenreiter ist. Auf eine Million Einwohner kommen hierzulande 441 Supermärkte. In Deutschland – der Nummer zwei in der EU – sind es nur 337. Die meisten anderen Länder kommen sogar mit Werten zwischen 150 und 250 aus.

Das führt naturgemäß zu einem höheren Preisniveau. Wie groß der Unterschied ist, wird auch von offizieller Seite erhoben – der EU-Statistikbehörde Eurostat. Laut ihren Daten liegt Österreich bei 120 Prozent des Durchschnitts der 27 EU-Länder und ist somit das teuerste Euro-Land. Die Republik liegt damit deutlich vor Deutschland (106) oder Frankreich (109), aber nur knapp vor Finnland (119) und Irland (118). Teurer sind die Preise zudem in den Ländern mit eigener Währung, wie Dänemark (143), der Schweiz (155) oder Norwegen (186).

Wie entscheidend dabei die Marktkonzentration ist, lässt sich nicht eindeutig belegen. Auffällig ist jedoch, dass Länder mit hoher Marktkonzentration auch bei den Preisen tendenziell weit vorn liegen. So hat Finnland in der EU die höchste Konzentration im Lebensmittelhandel mit einem HHI-Index von 3935 (der Index geht von 0 bis 10.000, ein Wert von unter 1000 zeigt eine geringe und ein Wert ab 1800 eine starke Konzentration an). Ebenfalls vorn befinden sich Schweden (3305), Luxemburg (2730) und Österreich (2617). Allerdings dürfte die Konzentration auch mit der Größe des Landes zu tun haben. So liegen Italien (1170), Frankreich (1410) und Spanien (1701) relativ weit hinten im Ranking.

Klar ist, dass sich der Lebensmittelhandel in der gesamten EU zunehmend konzentriert. Hielten die größten zehn Händler im Jahr 2000 noch 26 Prozent des Marktanteils, waren es 2011 bereits fast 31 Prozent. Die zehn Spieler blieben dabei die gleichen, allerdings veränderten sie ihre Reihenfolge (siehe Grafik). Der größte Händler in der EU ist übrigens ein Diskonter: die deutsche Schwarz Group (Lidl und Kaufland).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2015)

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