Riads Antwort auf deutsche Kritik wird zum PR-Desaster

Saudiarabien versucht mit einer konfusen Großanzeige in einer Tageszeitung, sein Image in Deutschland aufzupolieren.

Riad/Berlin. Bewunderer nennen ihn auch den Julian Assange von Saudiarabien. Wer sich hinter den Twitter-Leaks von @Mujtahidd verbirgt, weiß niemand. Seit 2011 stellt der geheimnisvolle Online-Aktivist peinliche Details aus dem saudischen Königshaus ins Netz. Und so bereicherte er vergangene Woche mit allerlei pikanten Details die deutsch-saudische Kontroverse, die mit dem Vorwurf des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) begonnen hatte, Saudiarabien betreibe eine „impulsive Interventionspolitik“.

Danach soll der 30-jährige Vizekronprinz Mohammed bin Salman, auf den das BND-Urteil vor allem gemünzt war, wütend den saudischen Botschafter in Berlin angerufen und ihm eine PR-Kampagne befohlen haben, „um die Dinge richtig zu stellen“. Gleichzeitig ließ der Königssohn – laut Mujtahidd – dem deutschen Botschafter in Riad drohen, das Ganze werde Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen haben.

Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Das Berliner Außenamt distanzierte sich in ungewöhnlich scharfer Form von der Analyse des eigenen BND – ein Wohlverhalten, was Vizekanzler Sigmar Gabriel jedoch einige Tage später mit dem Vorwurf zunichte machte, Saudiarabien exportiere islamischen Extremismus.

Die PR-Kampagne dagegen ließ etwas länger auf sich warten und erschien am Freitag in Form einer 66.000 Euro teuren, ganzseitigen Anzeige in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der Text mit dem Titel „Das Königreich Saudiarabien – Initiativen und Aktionen zur Bekämpfung des Terrorismus“ gehört zu dem Merkwürdigsten, was seit Langem in einer deutschen Zeitung zu lesen war.

Beim Honorar für eine professionelle Übersetzung wurde offenbar gespart. In ungelenkem Übersetzungsroboter-Deutsch preist das Königreich seine „anti-terroristischen Zielstellungen“ und „taillierten Strategien gegen Radikalismus“ sowie seine militärischen Operationen über Syrien „zur Besiegung des Terrorismus“ an. Weiter streicht das konfuse Dokument die Rolle Saudiarabiens bei der „Demontierung der physischen Präsenz“ von al-Qaida heraus. Im Blick auf den radikalen Klerus im Land wird den deutschen Lesern schließlich versichert, „Imamen wurde verboten, Anstiftungen und Gespräche über Intoleranz zu halten“.

Wer dieses beispiellose PR-Desaster zu verantworten hat – auch dieses Geheimnis wird Twitterer @Mujtahidd wohl demnächst lüften. Der saudische Botschafter in Berlin, Ossama bin Abdul Majed Shobokshi, war es wohl nicht. Er spricht perfekt deutsch. (m.g.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2015)

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