Killerspiele: Deutsche Regeln treffen Österreich

(c) AP (Jörg Sarbach)
  • Drucken

Heimische Site soll auf den Index kommen. Drastische Auswirkungen drohen. Eine Internetsperre für kinderpornografische Websites wurde gerade vom deutschen Bundestag beschlossen.

WIEN. Die Diskussion um interaktive elektronische Medien, bei welchen das virtuelle Töten von Gegnern im Vordergrund steht (sogenannte „Killerspiele“), ist in Deutschland nicht nur aufgrund der tragischen Ereignisse von Winnenden erneut aufgeflammt. Das Thema steht auch im Fokus des Wahlkampfes.

Neu ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die deutsche Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) bei der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) einen Antrag auf Indizierung der Website www.gameware.at gestellt hat. Diese wird von einem österreichischen Computer- und Videospielversandhändler betrieben, der indizierte „Killerspiele“ auch an deutsche Privatpersonen versendet, sofern sich diese vorab unter Angabe des Alters registriert haben. Eine Alterskontrolle – zum Beispiel durch die Übermittlung einer Ausweiskopie – findet nicht statt.

Dies ist zulässig, zumal der Versandhändler österreichischem Recht unterliegt. Dem österreichischen Recht sind ein solcher Index sowie eine solche Ausweispflicht aber unbekannt. Wörtlich heißt es im gegenständlichen Indizierungsantrag: „Das vorliegende Internetangebot stellt das Ausspielen und Anwenden dieser Gewalttätigkeiten im späteren Spiel in den Vordergrund [...]. Bei Kindern und Jugendlichen ist durch das Zugänglichmachen und den Vertrieb derartiger Inhalte eine sozialethische Desorientierung zu befürchten, das Risiko einer Verrohung Heranwachsender ist nicht auszuschließen. Dies kann auch zu einem nachhaltigen Empathieverlust führen.“

Eine tatsächliche Indizierung der Website zieht zwar (noch) keine automatische technische Abrufsperre bzw. eine entsprechende Sperrpflicht seitens der deutschen Internet Service Provider (ISP) nach sich, sondern vornehmlich bloß ein Bewerbungsverbot der Website. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass die Indizierung der Website doch noch über Umwege drastische Folgen haben könnte: Das Landgericht Hamburg (GZ 308 O 548/08; nicht rechtskräftig) hat diesbezüglich zwar ausgesprochen, dass ein ISP nicht verpflichtet ist, den Zugriff auf Websites mit rechtswidrigem Inhalt zu sperren; die Abweisung des geltend gemachten Sperranspruches hat es im Wesentlichen aber mit dem unzumutbaren wirtschaftlichen Aufwand begründet, der dem ISP durch die Realisierung einer Sperre entsteht.

Diese Argumentation wird sich aber wohl nicht mehr aufrechterhalten lassen, wenn derartige Vorkehrungen ohnehin – zum Beispiel zur Sperre von Kinderpornoinhalten – eingerichtet werden müssen. Die Internetsperre für kinderpornografische Websites wurde gerade vom deutschen Bundestag beschlossen.

Internetsperre problematisch

Es besteht also – zumindest in Deutschland – durchaus die Gefahr, dass Sperren auch für andere Inhalte per Gerichtsbeschluss verhängt werden, die mit Kinderpornografie aber nicht mehr im Entferntesten vergleichbar sind. Dies könnte zu einer Flut von Anträgen für einstweilige Verfügungen führen, die derartige Abrufsperren für Websites begehren, die etwa urheberrechtlich geschütztes Material oder markenrechtsverletzende Produkte anbieten.

Aber auch die (ausländischen) Internetangebote von „Killerspiel“-Versandhändlern oder Glücksspielseiten könnten betroffen sein. Bei Letzteren hat das hessische Innenministerium bereits die Durchsetzung von Sperren avisiert, sollten die ISPs zur Einrichtung von Sperrvorrichtungen verpflichtet werden.

Die unreflektierte Ausdehnung von Internetsperren ist aber nicht zuletzt vor dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Freiheit des Informationsempfanges abzulehnen bzw. sollte vor dem Hintergrund des möglichst grundrechtsschonenden – verhältnismäßigen– Eingriffes äußerst kritisch hinterfragt werden.

Der Autor ist Rechtsanwalt bei der Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH.

AUF EINEN BLICK

Deutschland ist beim Thema Killerspiele nach dem Amoklauf eines Schülers in Winnenden besonders sensibilisiert. Nun beantragten die Behörden, auch eine österreichische Website auf den Index zu setzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.