. . . und das Aufwachsen auf dem Land

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Wer in Innsbruck groß wird, hat viel Gelegenheit zur Bewegung an der Luft. Kultur für Kinder gibt es schon auch. Aber wer mehr will, muss in eine richtig große Stadt.

Innsbruck. Mit drei Jahren allerspätestens steht fast jedes Innsbrucker Kind zum ersten Mal auf Skiern. Das ist eigentlich ganz selbstverständlich. Trifft man doch auch die Eltern – wie die meisten Stadtbewohner – wochenends viel eher auf der Piste oder auf dem Berg als zwischen den Häuserschluchten.

Der Lieblingsabenteuerspielplatz liegt überhaupt ganz nah: Die Nordkette erhebt sich – zu weiten Teilen auf Innsbrucker Stadtgebiet – bis auf über 2000 Meter Seehöhe. Hier ist man nicht nur ganz schnell zum Skifahren oder Rodeln im Schnee, sondern auch im Wald. Viel Laufen, Springen, Wandern und Bewegung prägen eine Innsbrucker Kindheit. Auch in der schneefreien Zeit. Die stadtnahen Almwirtschaften sind dem Nachwuchs vom Babyalter an vertraut: Zum Spielen verabredet man sich inmitten von Kuhweiden.

Echte Tiger? Fehlanzeige

Paradiesisch? Schon. Aber nicht nur. Unsportliche Kinder haben es hier nicht leicht. Und wer mehr will, als bloß seinen Bewegungsdrang auszuleben, stößt schnell an Grenzen. Der Innsbrucker Alpenzoo bietet einen Überblick über die heimische Tierwelt. Tiger, Eisbären oder Papageien sehen die Kinder aber erst beim Ausflug in die Großstadtzoos in München oder Wien.

Dort herrscht sowieso zunächst die Reizüberflutung vor: Lärm, Autos, Gestank, Menschen. Und so verwirrend viel zu sehen. Die Häuser sind größer, die Straßen breiter, die Geschäfte voller. Die Hauptattraktion? Die U-Bahn. Vom damals knapp vierjährigen Kind bei seinem ersten Besuch begeistert „Unter-der-Erde-Bahn“ genannt. Wir sind dann einen ganzen Vormittag lang U-Bahn gefahren.

Kulturangebote für Kinder gibt es natürlich auch. Aber um einen Klimt, Van Gogh oder Chagall im Original zu betrachten, muss man wieder in die Großstadt reisen. Auch Dinosaurierskelette gehören nicht zum Sammlungskonzept des Tiroler Landesmuseums.

Ein weiterer typischer Kleinstadtfaktor nimmt seine Anfänge hier auch im Kinderkrippenalter: Innsbrucker Kinder kennen einander. Von Beginn an. Egal, ob beim Eishockey, dem Malkurs oder der Musikerziehung: In jeder neuen Gruppe gibt es garantiert mindestens ein Kind, mit dem der Nachwuchs zuvor schon irgendwo war. Das bleibt so. Gerade in sozial recht homogenen Gruppen, wie unter Kindern, die aufs Gymnasium gehen, kennt man sich eben. Schön, weil man immer auf ein Netzwerk aus Altbekannten zurückgreifen kann. Weniger gut, wenn man jemanden nicht mag. Den wird man hier nicht los. Im schlimmsten Fall begegnet man sich auf dem Friedhof dann zum letzten Mal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2015)

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