Mordfall Palme: Tatwaffe womöglich aufgetaucht

Olof Palme hatte viele Feinde.
Olof Palme hatte viele Feinde.(c) EPA (Bjorn Sigurdsoen)
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Fast drei Jahrzehnte nach dem Mord an Schwedens Ministerpräsident Olof Palme wurde der Polizei womöglich die Tatwaffe zugespielt. Das könnte die Ermittlungen zu dem bis heute ungeklärten Verbrechen unverhofft vorantreiben.

Stockholm. Der bis heute ungeklärte Mord an Ministerpräsident Olof Palme 1986 ist in Schweden ein tief sitzendes Trauma. Nun könnte eine überraschende Entwicklung der Aufklärung des Verbrechens neuen Anstoß geben: Die Ermittlungsgruppe für den Palme-Mord könnte endlich im Besitz der Mordwaffe sein. Diese, ein Revolver, stammt von einem anonymen Tippgeber.

Laut der Zeitung „Expressen“ trafen sich die Ermittler am Weihnachtswochenende, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Gruppe selbst wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

Den Stein ins Rollen brachte der angesehenste – und aufgrund seines charmant-mürrischen Auftretens auch beliebteste – Kriminologe Schwedens, Leif GW Persson. Der Professor und Krimiautor ist einmal pro Woche in der Fernsehsendung „Das Verbrechen der Woche“ im öffentlich-rechtlichen Sender SVT zu sehen.

Im November waren ihm abgefeuerte Patronenhülsen Kaliber .357 Magnum Winchester-Western (neun Millimeter) anonym zugeschickt worden. Tests ergaben, dass sie aus jener Waffe, wohl einem Revolver des Herstellers Smith & Wesson, stammen könnten wie die zwei Kugeln, die Palme am 28. Februar 1986 nach einem Kinobesuch auf offener Straße in Stockholm töteten. Persson bat den Absender in seiner Sendung, ihm auch die Waffe zu schicken. Das ist laut „Expressen“ in Göteborg nun geschehen. Persson hatte dem Besitzer der Waffe Anonymität versprochen. „Notfalls gehe ich ins Gefängnis, um ihn zu schützen“, versprach der Kriminologe vor laufender Kamera.

„Der Mörder lebt heute noch“

Persson äußert sich gern kritisch über die seit 30 Jahren ergebnislose Arbeit der Polizei. „Der Ermittlungsgruppe fehlt es an Initiative“, schimpfte er. „Der Mörder lebt heute noch. Er ist in meinem Alter“, behauptet Persson. „Den Mord hat jemand aus Palmes engerem Umfeld in Auftrag gegeben. Jemand, der wusste, wo er war, und dass er keinen Personenschutz hatte.“

In der Tat weist die anfängliche Polizeiversion viele logische Fehler auf. Demnach soll der Alkoholiker und Kleinkriminelle Christer Pettersson Palme als Einzeltäter ohne Motiv ermordet haben. Er wurde 1989 deswegen verurteilt, aber von einem Berufungsgericht aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Palme stand weit links und hatte viele Feinde. In den 1980ern waren seine Sozialdemokraten eine Partei, die seit Jahrzehnten das Schicksal des Landes bestimmte. Dass sich dies jemals ändern würde, war damals undenkbar. Palme stellte sich hinter die radikalen sozialistischen Forderungen der Gewerkschaft LO zur Gründung von Arbeitnehmerfonds. Großunternehmer mussten die Zwangsenteignung großer Teile ihres Eigentums zugunsten der Arbeitnehmer befürchten. Nach Palmes Tod übernahm der rechte Flügel die Partei und machte sie unternehmerfreundlicher.

Unternehmerverschwörung?

Also hält sich die Spekulation, eine Gruppe von Großunternehmern stecke hinter der Tat. Die drogensüchtige Tetra-Pak-Erbin Eva Rausing behauptete, gewusst zu haben, wer Palme umbringen ließ. Sie fürchte um ihr Leben, sagte sie vor ihrem Tod. 2012 kam sie in London ums Leben.

Zuletzt hieß es, dass ein Polizist mit rechtsradikalem Hintergrund im Auftrag von Großunternehmern in die Tat verwickelt gewesen sein könnte. Palme war im Stockholmer Polizeikorps verhasst, hatte aber auch im Ausland Feinde. Er hatte einst gegen den Vietnamkrieg demonstriert und war einer der schärfsten Gegner des südafrikanischen Apartheidregimes. Die Liste möglicher Täter ist lang. Alle Spuren sind jedoch im Sand verlaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2015)

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