Henrik Kristoffersen gewann den Wengen-Slalom, Marcel Hirscher verpatzte die Kitzbühel-Einstimmung und schied aus. Aksel Lund Svindal ist neuer Weltcupleader.
Wengen. Der schlichte Blick auf die Ergebnislisten des Skiweltcups in Wengen spricht Bände. Kjetil Jansrud gewann vor Aksel Lund Svindal die Kombination. Svindal triumphierte erstmals in Wengen und gewann die Abfahrt. Den Slalom am Sonntag ließ sich Henrik Kristoffersen (vierter Sieg im fünften Rennen der Saison) nicht mehr nehmen – damit landete Norwegen einen klassischen Hattrick. Ob Gleiches auch bei den Rennen ab Freitag in Kitzbühel zu erwarten ist?
Für Marcel Hirscher war der Auftritt in Wengen nicht optimal verlaufen. Schon nach dem ersten Durchgang weit zurück, riskierte er im zweiten Lauf alles – und schied erstmals in dieser Saison aus. Es sollte ein schwarzer Sonntag für die ÖSV-Herren werden: Marco Schwarz wurde als bester Österreicher nur 14. Es ist das schlechteste Wengen-Ergebnis aller Zeiten. Als Draufgabe verlor Hirscher obendrein die Führung im Gesamtweltcup an Svindal.
In Svindals Schatten
Es herrscht im ÖSV nun ein gewisses Rätselraten. Denn ohne Hirscher auf dem Podest wird die offene Lücke zum Rest der Skiwelt mehr als deutlich. Auch im Speed-Lager läuft nicht alles nach Plan, die Abfahrer reisen überhaupt sieglos zu den Hahnenkamm-Rennen.
Andreas Puelacher mahnt vor der wichtigsten Woche der Saison dennoch zur Ruhe. „Wir waren am Anfang weit weg, jetzt sind wir auf 19/100 dabei. Vielleicht passiert es in Kitzbühel. Hannes ist wirklich dabei bei Svindal“, sagt der ÖSV-Rennsportleiter. Und ein Sieg, der müsse immer auch „passieren“.
Der Mann, den es weiterhin im Weltcup zu schlagen gilt, ist Svindal. Der 33-jährige Norweger hat nach Lake Louise, Beaver Creek, Gröden und Wengen vier der fünf Saisonabfahrten gewonnen, nur auf der Rumpelpiste in Santa Caterina hat es mit dem Franzosen Adrien Théaux einen anderen Sieger gegeben. Svindal will nach seinem erstmaligen Abfahrtserfolg in Wengen auch auf der Streif triumphieren. Bestes Ergebnis war Rang zwei 2014 hinter Reichelt, 2013 gewann er den Super-G.
Schon nach Santa Caterina hat Puelacher gesagt, dass man nicht mehr weit weg sei vom Sieg, von Svindal, der in bestechender Form und mit grandiosem Material unterwegs sei. „Dann sind wir nach Wengen gefahren, und ich habe gedacht, das schaut nicht so schlecht aus. Dann bin ich kurz mal narrisch geworden (nach Kombi-Abfahrt/Anm.), ich wollte das nicht mehr hinnehmen. Und ich muss einfach sagen, die Reaktion war top. Zwei auf dem Podest. Bei diesem Überflieger derzeit“, lobte Puelacher Reichelt und den drittplatzierten Klaus Kröll.
Reichelt, der nach Santa Caterina zum zweiten Mal in Folge auf den zweiten Rang gekommen war, haderte am Lauberhorn nicht mit dem geringen Rückstand. „Wengen war fast wie ein Sieg. Svindal war noch ein bisschen schneller, aber wir hatten zum restlichen Feld eine Distanz. Das zeigt, dass ich in einer guten Form bin. Siege kommen nicht so einfach und fallen einem nicht in den Schoß.“
Grünes Licht für Hausberg
Aus Kitzbühel gibt es gute Nachrichten. Abfahrtsklassiker und Super-G können bei der 76. Auflage der Hahnenkamm-Rennen über die komplette Originalstrecke gehen. Gestern gab Rennleiter Axel Naglich grünes Licht für den Hausberg und den spektakulären Schlussteil der berühmtesten Abfahrt der Welt. Die tieferen Temperaturen der vergangenen Tage haben dafür gesorgt, dass auch die steil hängende und daher schwierig zu präparierende Traverse fertiggemacht werden konnten. „Heute wird gewassert, am Dienstag trainieren wir über die ganze Strecke“, bestätigte Naglich. Auch der Slalom wird auf dem Ganslernhang stattfinden können.
ERGEBNISSE
1. Kristoffersen (NOR) 1:37,85 (47,89/49,96)
2. Razzoli (ITA) 0,30 3. Gross (ITA) 0,68 4. Byggmark (SWE) 0,69 5. Neureuther (GER) 0,79 6. Pinturault (FRA) 0,91 7. Grange (FRA), Myhrer (SWE) je 0,92 9. Solevaag (NOR) 1,03 10. Muffat-Jeandet (FRA) 1,18 14. Schwarz 1,52 21. Digruber 1:39,65 1,80.
Gesamtweltcup: 1. Svindal 816 2. Hirscher 801 3. Kristoffersen 671.
Slalom-Weltcup: 1. Kristoffersen 480 2. Hirscher 340 3. Neureuther 187.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2016)