Ärger auf dem Flughafen: Geld zurück

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Ein Paar musste am Check-in-Schalter erfahren, dass alle Flugtickets ungültig waren. Sie durften das Angebot des Reisebüros, dafür am nächsten Tag abzuheben, ausschlagen.

Wien. Ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofs kommt Reisenden entgegen. Wenn schon beim Einchecken etwas Fundamentales schiefgeht, sind Kunden nicht mehr an die gebuchte Reise gebunden: Sie dürfen ihr Geld zurückverlangen. Zusätzlich kann noch ein Entgelt wegen entgangener Urlaubsfreude gefordert werden, wie die Klage eines älteren Ehepaars aus Niederösterreich zeigt. Im Anlassfall hatte das Paar die Pauschalreise Ecuador-Galapagosinseln gebucht. Mitte Jänner sollte es am frühen Morgen losgehen, doch auf dem Flughafen Schwechat setzte es ein böses Erwachen. Beim Einchecken am Business-Schalter stellte sich heraus, dass die vom Reisebüro übermittelten Flugtickets für die Reise allesamt ungültig waren.

Der Mann echauffierte sich darüber sehr und sprach auf das Tonband des Reisebüros. Dort hatte niemand abgehoben, weil das Büro erst um neun Uhr öffnen sollte. In den Reiseunterlagen war zwar eine Notfallnummer aufgeführt, diese wählte das Paar aber nicht. Gegen 10.30 Uhr kam dann der Rückruf. Das Reisebüro bot an, die Reise auf den nächsten Tag umzubuchen. Das lehnte der Mann ab. Er sei früh aufgestanden, die Sache sei „mit dem ganzen Tohuwabohu“ aufregend gewesen, gab er kund. Nun habe er kein Vertrauen mehr in das Reisebüro. Um 14 Uhr kam es zu einem weiteren Telefonat, bei dem der Mann die Überlegung anstellte, die Reise in drei Tagen beginnen zu lassen und sie auf die Besichtigung der Galapagosinseln einzuschränken. Er bat um ein entsprechendes Angebot.

Kein Versicherungsschutz

Schon am Folgetag erklärte der Mann aber, er könne jetzt keine Reise mehr antreten, weil er erkrankt sei. Der Mann musste wegen einer Lungenentzündung für eine Woche ins Spital. Von einem langen Flug wurde ihm ärztlich abgeraten. Keine der beiden abgeschlossenen Stornoversicherungen wollte zahlen. Die eine betonte, dass ihr Stornoschutz geendet habe, als der Mann zum Flughafen fuhr. Die andere erklärte, dass der Stornoschutz mit dem Tag des geplanten Abflugs vorbei gewesen sei. Der Mann wurde ja erst am Folgetag krank.

Das Reisebüro wies darauf hin, dass der Mann diese Versicherungsbedingungen erhalten habe. Man habe zudem schon einen Ersatzflug am nächsten Tag angeboten. Der Mann wandte ein, er wäre gar nicht krank geworden, wenn er nicht – wegen der Reise leicht bekleidet – am geplanten Abflugtag so lang im zugigen Flughafen und im Freien hätte sein müssen. Und sich dabei so hätte aufregen müssen. Der Zusammenhang zur Erkrankung ließ sich nicht beweisen. Der Mann rügte aber auch, dass ihm niemand gesagt habe, dass er für eine spätere Reise eine neue Versicherung hätte abschließen müssen.

Das Ehepaar verlangte vom Reisebüro die Rückzahlung des Pauschalpreises von 25.000 Euro plus einen Schadenersatz von 2100 Euro pro Person für entgangenen Urlaubsfreude. Das Reisebüro zahlte aber erst nur 1600 Euro für den einen verlorenen Tag, Nach Einbringen der Klage zahlte das Reisebüro weitere 9000 Euro zurück. Worauf das Paar aber noch den Restbetrag einforderte.

Doch dazu hätten sie kein Recht, befand das Handelsgericht Wien. Die Reise hätte ja mit einem Tag Verspätung starten könne. Es würde also reichen, für diesen einen Tag die Entschädigung von 1600 Euro zu zahlen. Der Grund dafür, dass das Paar die Reise am Folgetag nicht antrat, sei in dessen Sphäre gelegen.

Das Oberlandesgericht Wien hingegen betonte, dass ein Reisender so eine Aufregung am geplanten Abflugtag ebenso wenig erdulden müsse wie eine Verschiebung der Reise um einen ganzen Tag. Da der Urlaub wegen der ungültigen Flugtickets nie begonnen habe, sei der Vertrag weggefallen. Daher hätten die verhinderten Urlauber das Recht, den gesamten Preis zurückzufordern. Und sie müssten eine Abgeltung für die entgangene Urlaubsfreude erhalten.

Reise beginnt nicht am Schalter

Der Veranstalter wandte ein, dass die Reise schon mit dem Verlassen des Wohnorts und dem Eintreffen am Check-in-Schalter begonnen habe. Daher könnten gar nicht die Verzugsregeln im Vertragsrecht, sondern nur Gewährleistungsregeln angewandt werden. Für dieses Argument konnte sich aber auch der Oberste Gerichtshof (OGH) nicht erwärmen. Denn die Anfahrt zum Flughafen habe nicht zum Leistungsspektrum des Reisebüros gehört, entschied der OGH (9 Ob 50/15s). Ergo sei der Vertrag wegen der ungültigen Tickets erloschen. Und ein neuer Kontrakt sei nie zustande gekommen, erklärte der OGH. Das Ehepaar bekommt den vollen Reisepreis zurück und die gewünschte Entschädigung, weil ihnen die Urlaubsfreude entging.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2016)

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