Claudia Bothe: Zu lässig für den Catwalk

Claudia Bothe.
Claudia Bothe.(c) Beigestellt
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Nach Stationen in London und Paris nimmt sich Claudia Bothe nun der Aufgabe an, in Berlin eine Modehandschrift für das Label Liebeskind zu finden.

Seit fast einem Jahr ist Claudia Bothe nun Chefdesignerin des Berliner Labels Liebeskind. Die DNA dieser Marke hat sie in dieser Zeit offenbar vollends aufgesogen. Zum Interview erscheint die 32-Jährige im lässigen Look: ein knielanges schwarzes Kleid mit dunklem Gürtel, dazu weiße Sneaker, ohne Schmuck, ohne Schnörkel. Unkompliziert reagiert sie auch auf die Fragen im „Schaufenster“-Gespräch. Und das, obwohl sie während ihrer Zeit als Chefdesignerin der „Etoile“-Linie von Isabel Marant in Paris durchaus Gelegenheit hatte, sich Pariser Mode-Allüren zuzulegen. Zu ihrem neuen Einsatzort, dem locker-kreativen Berlin, würden diese aber ohnehin nicht passen.

Für die Arbeit sind Sie aus dem norddeutschen Cloppenburg in Modemetropolen wie Paris und London gegangen. War das ein bewusster Ausbruch?
Mir wird immer nachgesagt, dass ich schon zu Schulzeiten den Drang hatte, aus meiner kleinen Heimat auszubrechen, um mehr von der Welt zu sehen. Ein Gefühl, das ich mit vielen Designern teile. Heute ist es aber immer wieder schön, auch zurückzu­kehren.


Was hat Sie bewogen, nach der Matura in Hannover Mode zu studieren?
Das stand bei mir eigentlich nie infrage. Es sollte immer die Mode sein. Schon als Kind schrieb ich in die Freundschaftsbücher meiner Klassenkameraden, dass ich Designerin werden möchte.

Abgestimmt. Die Mode soll dem Look der Taschen entsprechen.
Abgestimmt. Die Mode soll dem Look der Taschen entsprechen.(c) Beigestellt


Und Ihr Wunsch wurde erfüllt, gleich bei der ersten Bewerbung um einen Studienplatz wurden Sie aufge­nommen.
Ja, das stimmt. Ich hatte mich schon während der Schulzeit in Hannover beworben. Während des Studiums folgten dann auch Auslandspraktika, unter anderem bei Vivienne Westwood. Später habe ich noch in Paris studiert. So lernte ich viele verschiedene Modewelten ­kennen.


Welche Unterschiede haben Sie dabei festgestellt?
Beispielsweise: In Hannover habe ich eine sehr fundierte, insbesondere technische Ausbildung erfahren. Ich habe Schnitte ohne jegliche Vorlage konstruiert und dadurch die wahre Handwerkskunst gelernt. Im Ausland macht man das weniger. Dort nutzt man Grundschnitte, die man in verschiedenen Varianten abwandelt. Insofern steht weniger das Handwerk als die Kreativität im Vordergrund.


Was hat Sie nach dem Ende des Studiums nach London gezogen?
Nach der Ausbildung bin ich durch Europa getingelt, habe mich bei vielen Designern vorgestellt. Bei Hussein Chalayan in London hat es dann geklappt. Fünf Jahre lang arbeitete ich dort in einem kleinen Team, habe designt, aber auch Fotoshootings und Kunstprojekte organisiert. Es fiel mir nicht leicht, danach zu Isabel Marant zu wechseln.


Warum haben Sie es dennoch getan?
Als ich zu dem Vorstellungsgespräch nach Paris eingeladen wurde, fühlte ich rasch Begeisterung für eine neue Stadt, die andere Sprache, ein neues Design.

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Wie unterscheiden sich denn die Designs?
Hussein Chalayans Ansatz war sehr subtil. Ein Kollektionsthema wurde sehr weit ausgearbeitet. Zunächst stand das Thema, nicht sofort das Kleidungsstück im Vordergrund. Bei Isabel Marant beginnt hingegen alles mit der Stoffauswahl, mit dem Fühlen des Stoffs. Auf diesem Gefühl baut sie die Kollektion auf.


Seit fast einem Jahr sind Sie nun bei Liebeskind. Was ist Ihre Aufgabe?
Ich wollte schon länger wieder nach Deutschland, denn hier sind meine Familie, meine Freunde und auch mein Partner. Darüber hinaus hat mich aber auch das Vorstellungsgespräch von Liebeskind überzeugt. Ich kam danach gar nicht mehr aus dem Schwärmen für das Label und die Atmosphäre vor Ort.


Ist die Arbeitswelt in Berlin eine andere als in Paris?
Ja, durchaus. Isabel Marant ist ein gesetztes Modehaus mit einer speziellen Designsprache. Es gibt genaue Angaben zu Material und Style. Liebeskind hingegen ist für seine Taschen und Accessoires bekannt, will nun aber auch stärkeren Fokus auf seine Womenswear legen. Dafür muss aber noch eine Designsprache gefunden werden. Dies ist nun meine Aufgabe. Dabei stelle ich mir Fragen wie: Wer ist die Liebeskind-Frau? Was trägt sie zur Tasche? Was sind die Key-Materialien und Shapes?


Die Kleider werden passend zum Accessoire kreiert?
Ja, wir gehen von den Taschen aus. Die sind lässig, cool, nicht konstruiert, nicht sperrig. Diese Eigenschaften müssen auch die Outfits haben. Wir greifen die Farben und Ideen der Taschen auf. Zum Beispiel: Ein Print aus dem Innenfutter der Tasche findet sich als Print auf einem Kleid wieder.

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Aus dem Modemekka Paris in das modisch doch bescheidene Berlin – ein Sprung vom Goliath zum David?
Paris schielt derzeit sehr stark auf Berlin. Schließlich wird es ja als das New York der 1980er-Jahre gehandelt. Das Kreative geschieht gerade hier.


Ist Berlin das nächste Paris?
So weit würde ich nun auch wieder nicht gehen. London und New York sind schließlich auch nicht Paris geworden, und das ist auch gut so. Jede Stadt hat ihren eigenen Charme. Das Spannende passiert aber außerhalb. Berlin gibt jungen Designern eine Chance, die sie in Paris, London oder New York angesichts der dort großen Konkurrenz nicht hätten.
Sie vermissen in Berlin also nichts?


Die Arbeit an einer Showkollektion vermisse ich vielleicht schon ein wenig. Das war immer ein Highlight.


Könnte sich denn Liebeskind eine Modeschau vorstellen?
Nein, ich denke, vorerst nicht. Jedenfalls nicht auf einem Highfashion-Level. Dafür sind wir viel zu lässig.

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