Die Wiener Wirtschaftskammer präsentierte eine Bildungsbedarfsanalyse . Dabei kommt das Wiener Bildungsssystem nicht gut weg.
Lehrlinge haben neben FH-Absolventen und Akademikern in technischen Bereichen gute Berufsaussichten, hat eine von der Wirtschaftskammer Wien in Auftrag gegebene Bildungsbedarfsanalyse unter 1500 Unternehmen ergeben. Auch künftig wird gut ausgebildetes Personal stark nachgefragt.
Ein Problem bereitet jedoch das Niveau der Pflichtschulabgänger. Diese sinke dramatisch, wurde bei der Präsentation gewarnt. Überhaupt entlasse das Wiener Bildungssystem zu viele Jugendliche mit gravierenden Problemen bei den Grundtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen, wurde kritisiert. "Was für mich das Schlimme ist: Dass es in unserem Schulsystem nicht darauf ankommt, dass man eine Ausbildung bekommt. Sondern manchmal hat man das Gefühl, dass es nur darum geht, diese neun Pflichtschuljahre einfach zu absolvieren", so Ehrlich-Adam.
Problemfall polytechnischen Schulen
Um zu eruieren, welche Arbeitskräfte in den kommenden Jahren gesucht werden und wie zufrieden man mit dem aktuellen Arbeitskräfteangebot ist, hat die Wirtschaftskammer beim Institut Jaksch & Partner eine Analyse verschiedener Sparten in Auftrag gegeben. Eines der Ergebnisse: besonders eklatante (Bildungs-)Probleme im Bereich der Lehre. 16 Prozent der Betriebe würden in den nächsten Jahren mehr Lehrlinge brauchen als sie heute ausbilden. Allerdings sei das Niveau der Bewerber schlechter geworden, kritisierten 69 Prozent der Befragten. Im vergangenen Jahr konnten laut Kammer dadurch circa 2000 offene Lehrplätze nicht besetzt werden können.
Sogar als "Problemfall" wird die Ausbildung an polytechnischen Schulen bezeichnet - hier beklagen 69 Prozent der Betriebe ein mangelhaftes bis schlechtes Bildungsniveau der Absolventen.
Techniker gesucht
AHS-Absolventen werden laut Kammer nur von wenigen Unternehmen gesucht. Bessere berufliche Aussichten haben HTL-Absolventen. Mittelfristig werde es für diese um sechs Prozent mehr Jobs geben. 19 Prozent der Unternehmen sehen derzeit sogar ein Unterangebot an Absolventen.
"Aus den Ergebnissen wissen wir: Es fehlen junge Menschen, die eine technische Affinität haben. Die Berufe, bei denen man immer mehr mit Technik, mit Naturwissenschaft zu tun hat, werden immer mehr nachgefragt werden. Wir brauchen nicht mehr Juristen, nicht mehr Wirtschaftsstudenten. Wir brauchen Menschen, die sich in die Naturwissenschaft hineinbegeben", unterstrich Stefan Ehrlich-Adam, Industrie-Spartenobmann und Chef der Sicherheitstechnikfirma EVVA am Mittwoch.
FH-Absolventen als Gewinner
Rosig scheint die Situation für Fachhochschul-Absolventen. Hier wird eine 15-prozentige Steigerung bei den Stellenangeboten prognostiziert. Was diese Ausbildung für künftige Arbeitgeber so attraktiv macht? Es sind im Vergleich zur Universitätsausbildung die größere Praxisorientierung, die spezielle Ausbildung mit Schwerpunkten und die kurze Studiendauer.
Universitätsabsolventen können in Zukunft mit neun Prozent mehr Jobs rechnen. Gefragt werden vor allem Studierende der Fachrichtungen Ingenieurwissenschaften, Technik, Informatik, Naturwissenschaften, Medizin und Gesundheit. Zu viele Absolventen gibt es laut Analyse bei den Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften und Sozialwissenschaften.
Um das Bildungsniveau in der Bundeshauptstadt - aus Sicht der Wirtschaftskammer - wieder zu heben, wurde ein Fünf-Punkte-Plan erstellt. Dazu zählen: kein Schulabschluss ohne Mindestbildungsstandards, der Ausbau ganztägiger Schulformen, eine Reform der neunten Schulstufe, Wirtschaftsbildung bereits ab der Volksschule und eine Imagepolitur für Lehre und Facharbeit.
(APA)