A Life, A Song, A Cigarette: Nicht mehr Nebraska

(c) Andreas Jakwerth
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A Life, A Song, A Cigarette: Viertes Album, neuer Sound.

„Where are we going to?“, fragen sich zwei (Ex-)Liebende im Song „Blindhearted“ – mitten im Sturm der Gefühle, den die Wiener Band A Life, A Song, A Cigarette vertont, indem sie alle Register zieht, vom Cello über Glockenspiel bis zu den Tasteninstrumenten. Und den Song, der nur mit einer sanften Pianomelodie beginnt, im Refrain beinahe hymnisch steigert. „Darling I have no clue“, lautet die Antwort in diesem fesselnden Stück über das Verschwinden einer Liebe. Als erste Single setzte es den Ton für das neue Werk „All That Glitters Is Not Gold“. Auf ihren ersten drei Alben ließen A Life, A Song, A Cigarette ihren Heimatbezirk Simmering noch so glaubhaft nach Nebraska klingen, dass sie in der „Presse“ als „lustvoll traurige Vorstadt-Countryband“ bezeichnet wurden. Nun, nach mehr als zehn Jahren Bandgeschichte, kanalisieren sie ihre ureigene Melancholie statt in Americana-Klänge in dicht arrangierte, bisweilen epische Popsongs. Zum neuen Sound fand die Band gemeinsam mit Produzent
Stefan Deisenberger. Ähnlich wie bei dessen Stammband, Naked Lunch, erstrahlen viele Stücke im Cinemascope-Format.

Neue Songs wie das sehnsüchtige „Snow“ oder das zart umgarnende „Take Me Back“ zeugen von der Selbstsicherheit einer Band, die sich mit „To Axion Esti“ gar ein 18-minütiges, an- und abschwellendes Instrumentalstück zutraut. Zur Gelassenheit trägt gewiss bei, dass die Mitglieder von A Life, A Song, A Cigarette auch andernorts tätig sind: Sänger Stephan Stanzel ist wie Deisenberger Teil des Ensembles Nowhere Train, Gitarrist Hannes Wirth spielt bei Ernst Molden, Cellist Lukas Lauermann ist gefragter Live- und Sessionmusiker und als Solomusiker tätig. Letzterer prägt mit nuanciertem Cellospiel viele der Songs, etwa das Titelstück „ATGING“, das mit einem Wechselspiel aus Distanz und Nähe besticht.

(c) Beigestellt

Simmering, Teil zwei. „This town is driving me mad“, sang Stanzel 2009 in „Simmering“, seiner Ode an den Wiener Heimatbezirk. Damals erwachte der Erzähler mit dem Gesicht auf dem Beton. Heute, in „Simmering (Part II)“, konstatiert er „You’re disappearing slowly / I guess I know you, Simmering“, nur um später „I’ll never know you, Simmering“ folgen zu lassen. Schön, dass die Band, die sich gern im Wirtshaus ablichten lässt, auch inhaltlich den Lokalkolorit pflegt! Und dass sie in „Intercity 69“ die Stadt im Zug in Richtung London, Rom oder Belgrad verlässt. Es passt, dass dieses von Aufbruch und Ankunft gleichfalls kündende Stück ganz am Schluss dieses prächtigen Albums steht. (Wohnzimmer Records)

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