Salzburgs Skandal: Richter am Zug

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Am 6. Dezember 2012 platzte die Bombe: Das Land Salzburg hatte jahrelang mit Millionenbeträgen spekuliert. Am Donnerstag startet der erste Strafprozess in der Causa.

Salzburg. Es war ein Erdbeben, das Salzburg am 6. Dezember 2012 erschütterte: Hinter der schnuckeligen Fassade von Mozart und „The Sound of Music“ hatte das Land Salzburg jahrelang mit abenteuerlichen Finanzprodukten spekuliert. Hochriskante Papiere um 1,8 Milliarden Euro befanden sich damals im Portfolio des Landes. Es drohte ein Verlust von 340 Millionen Euro.

Das zumindest hatte die umgehend entlassene Leiterin des Budgetreferats, Monika Rathgeber, ihren Vorgesetzten prognostiziert, wenn sie Hals über Kopf aus den Geschäften aussteigen würden. Sie lag nicht weit daneben: Nach dem Abbau hunderter Wertpapiere und Derivate blieb im November 2014 ein Verlust von rund 350 Millionen Euro. Dazu kamen Steuernachzahlungen und Beratungshonorare, die ebenfalls Millionen kosteten.

Am Donnerstag startet mehr als drei Jahre nach dem Auffliegen des Skandals ein erster Strafprozess. Monika Rathgeber, als Referatsleiterin im Zentrum der Spekulationsgeschäfte, muss sich wegen des Verdachts des schweren Betrugs sowie des Vergehens der Urkundenfälschung vor einem erweiterten Schöffensenat unter dem Vorsitz von Günther Nocker verantworten.

Angeklagt ist Rathgeber nur an einer Nebenfront: Es geht um angeblich fingierte Schadensfälle, mit denen Rathgeber 2009 bis 2012 höhere Mittel aus dem Katastrophenfonds des Bundes für das Land Salzburg abgerufen hat. Und sie soll zwischen 2008 und 2012 in 96 Geschäftsbestätigungen für Finanzinstrumente die Unterschrift ihres Kollegen hineinkopiert haben.

Bei der entscheidenden Frage, wie über Jahre in Salzburg mit Milliarden spekuliert werden konnte und wer die Verantwortung trägt, ist man von einem Gerichtsprozess weit entfernt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt seit drei Jahren. Ob, wann und gegen wen es zu einer Anklage kommen wird, ist noch völlig offen.

Kein Stein auf dem anderen

Auf politischer Ebene und in der Verwaltung blieb kaum ein Stein auf dem anderen: SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist ebenso Geschichte wie ihr Stellvertreter, der damalige Finanzressortchef David Brenner. Die Politik beteuerte stets, von den Geschäften nichts gewusst zu haben. Rathgeber hingegen will im Auftrag der Politik bzw. des Landes gehandelt haben. Aus der Riege der ehemaligen Regierungsmitglieder ist nur VP-Chef Wilfried Haslauer verblieben. Er nutzte den Skandal, um trotz Verlusten den Sessel des Landeshauptmanns für die ÖVP zurückzuerobern. Die SPÖ verlor bei Neuwahlen massiv und ist seither in der Opposition. Die Grünen stiegen 2013 mit dem damaligen Team Stronach zur Regierungspartei auf. Aus dem Team Stronach ist nach Streitigkeiten zuletzt ein parteifreier Koalitionspartner geworden.

In der Verwaltung wurde kräftig umgebaut, um ähnliche Malversationen auszuschließen. Ein Controlling wurde eingeführt, auf doppelte Buchhaltung umgestellt, es gibt ein strenges Spekulationsverbot. An den Schulden wird Salzburg aber noch lange zu kauen haben.

Vor dem Prozess am Donnerstag sorgte für die größte Überraschung Rathgeber selbst: Sie hat wenige Tage vor Prozessbeginn den Anwalt gewechselt. Sie wird nicht mehr von Herbert Hübel vertreten, sondern hat den Salzburger Anwalt Kurt Jelinek engagiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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