Der Steilhang als Arbeitsplatz

Die Salzburgerin Eva Walkner ist Weltmeisterin im Freedriden. Schnee macht sie glücklich, sagt sie. Darum reist sie ihm, wenn möglich, auch nach.

Wenn im Herbst die ersten Schneeflocken fallen, gehen die Mundwinkel von Eva Walkner nach oben. „Schnee ist für mich Glück pur“, sagt die 36-Jährige. Die gebürtige Salzburgerin bestreitet ihren Lebensunterhalt als Freeriderin. Steilhänge mit unverspurtem Pulverschnee sind ihr Arbeitsraum. Im vergangenen Jahr kehrte sie nach einer verletzungsbedingten Pause in die Freeride World Tour zurück – und ging als Weltmeisterin nach Hause. Heuer will sie den Titel verteidigen. Wenn sie auch nicht mehr ganz so verbissen an die Sache herangeht wie im letzten Winter. Es läuft gut. Bei der ersten Station in Andorra stand sie auf dem Podest: Sie wurde Zweite. Seit sie bei den ganz Großen der Freeride-Szene mitmischt, kann die ehemalige ÖSV-Läuferin von ihrem Beruf auch leben. Aber nur, weil sie Sportlerin, Managerin und PR-Frau in eigener Sache ist und viel mit ihren Sponsoren zusammenarbeitet.

Wintermensch. „Ich bin ein absoluter Wintermensch“, sagt Walkner über sich selbst. Schnee macht sie glücklich. Wenn er im Frühling im Tal wegschmilzt, zieht es sie auf die Gletscher oder in andere Weltgegenden. „Wenn es passt, dann reise ich dem Schnee auch nach“, erzählt sie. Im Sommer macht sie Hochtouren in den Bergen. „Längerer Schnee-Entzug schlägt sich bei mir auf die Stimmung“, erzählt die Salzburgerin, die sich vorstellen kann, nach ihrer Karriere als Profi-Freeriderin im Bereich Public Relations, Journalismus oder Design zu arbeiten. Schnee sollte jedenfalls trotzdem in der Nähe sein.

Nur einmal hatte sie genug vom Schnee: Zwischen 1993 und 2003 fuhr die Salzburgerin 51 Europacup-Rennen für den Österreichischen Skiverband. Es war ein Wechselspiel von großen Erfolgen, schweren Verletzungen und harten Kämpfen zurück. „Irgendwann ist es nicht mehr gegangen, da habe ich das Kapitel zugemacht“, erinnert sich Walkner. „Ich bin nach Wien gegangen, weil ich keine Berge und keinen Schnee mehr sehen wollte.“ Die Salzburgerin arbeitete als Sportjournalistin, kehrte aber doch recht bald in die Berge zurück und jobbte als Skilehrerin. Und lernte dabei das Freeriden kennen. Seither ist Pistenskilauf für sie langweilig.

Walkner entdeckte eine neue Welt, deren Faszination sie seither nie mehr losließ. „Der Schnee ist jeden Tag anders, jeder Hang hat überraschende Herausforderungen“, schwärmt sie. Sie weiß aber auch: Der Grat zwischen der Lust auf den unverspurten Steilhang und nicht mehr kalkulierbarer Gefahr ist schmal. Angst vor Lawinen hat sie nicht, großen Respekt schon. Sie informiert sich, studiert den Lawinenlagebericht, fragt einheimische Experten. Ausschlaggebend ist aber ihr Bauch. „Wenn er Nein sagt, dann fahre ich nicht. Egal, was die anderen meinen.“ Sie verlässt sich auf ihr Gefühl für den Schnee.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2016)

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