Eisschnellläuferin Bittner: „Ich liebe die Geschwindigkeit“

SPEED SKATING - ISU World Cup
SPEED SKATING - ISU World Cup(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Felix Roittner)
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Vanessa Bittner, 20, jagt bei der Einzelstrecken-WM in Kolomna nach Topplätzen. Die Tirolerin über Olympia 2018, ihr Standing im Weltcupzirkus und ungewohnte Rechtskurven.

Die Presse: Punktgenau zur WM-Generalprobe sind Sie erstmals in dieser Weltcupsaison auf das Podest gefahren. Hätten Sie nach dem starken Saisonauftakt schon früher damit gerechnet?

Vanessa Bittner: Mit einem Podestplatz kann man nie rechnen. Ich war heuer schon einige Male sehr knapp dran und habe gehofft, dass es sich einmal ausgehen wird. Dass es jetzt genau vor der WM geklappt hat, ist natürlich ein riesiger Motivationsschub.

Was sind Ihre Ziele für die WM?

Das ist immer sehr schwierig zu sagen, aber mit einem Top-fünf-Platz wäre ich sehr zufrieden. Wenn es mehr wird, nehme ich das natürlich auch sehr gern.

Inwieweit hat sich durch Ihre Leistungen auch Ihr Standing bei den Konkurrentinnen geändert?

Die anderen Läuferinnen kommen schon viel öfter auf mich zu und suchen das Gespräch. Auch ihre Trainer tauschen sich mit meinem über Zeiten aus oder stoppen im Training mit. Sie merken, dass ich im Kommen bin. Das ist ein echt cooles Gefühl und eine Riesenbestätigung für das, was ich mache.

Sie haben in dieser Saison bereits alle gesetzten Ziele übertroffen. Haben Sie sich im Vorfeld in Understatement geübt?

Ich stecke mir nicht gern Ziele, die ich nicht erreichen kann, sondern realistische. Das ist die erste volle Saison, in der ich zweimal pro Tag trainiere und keine Schule mehr habe, das ist sicher ein Grund für die Steigerung. So viel wie heuer habe ich noch nie trainiert.

In welchem Bereich haben Sie die größten Fortschritte gemacht?

Im Kraftbereich. Mit dem gezielten Krafttraining habe ich erst vergangenes Jahr richtig angefangen und mich schon ordentlich gesteigert. Beim Start bin ich dadurch eine halbe Sekunde schneller geworden.

Studieren Sie eigentlich auch Videos der absoluten Topleute?

Ich mache regelmäßig Vergleiche, denn man kann sich immer verbessern. Niemand hat die perfekte Technik, aber die Asiatinnen fahren eine super Position und Technik, an die gilt es sich zu halten. Generell fehlen mir einfach noch Trainingsjahre, denn wenn man sich die Topleute anschaut, sind die doch eher Mitte bis Ende 20.

Olympia 2018 in Pyeongchang ist aber das nächste große Ziel.

Natürlich ist es ein großes Ziel, da weit vorn mitzufahren. Ich habe zwar noch länger Zeit, aber ich hätte auch nicht gedacht, dass ich mit 20 schon so weit sein würde.

Was fasziniert Sie am Sport?

Ich liebe die Geschwindigkeit in der Kurve. Wir erreichen bis zu 60 km/h und ich finde es beeindruckend, dass man sich nur durch Muskelkraft auf diese Geschwindigkeiten bringen kann.

Wie sehr nehmen Sie dabei das Duell mit der Gegnerin wahr?

Es ist eine Überwindung, sich auf das eigene Rennen zu konzentrieren, wenn die Gegnerin viel schneller ist. Ich persönlich fahre aber gern gegen etwas Schnellere, damit ich mich noch mehr konzentrieren und motivieren muss, um mitzuhalten. Und wenn ich erst einmal in den Flow komme und alles rundherum ausblende, dann ist es ein richtig gutes Rennen.

Es geht immer gegen den Uhrzeigersinn. Wie einseitig sind Sie?

Das Gefühl, in die andere Richtung zu fahren, ist schon ein anderes. Auf Inline-Skates trainieren wir viel im Uhrzeigersinn, um eben nicht einseitig zu werden. Auf dem Eis geht das nicht, da die Schienen schon eingestellt sind. Ein Bein ist sowieso von Natur aus stärker, aber bei mir ist es nicht sehr markant.

Wo finden Sie Ausgleich zum Leistungssport?

Meine Familie ist mir sehr wichtig, die sehe ich fast täglich. Sonst treffe ich gern Freunde oder gehe ins Kino. Allzu viel sollte man in seiner Freizeit ohnehin nicht unternehmen, um regenerieren zu können. Ich führe also ein typisches Sportlerleben, aber da ich es seit meiner Kindheit nicht anders kenne, geht mir auch nichts ab.

Wie hat sich die öffentliche Wahrnehmung in Österreich durch Ihre Erfolge geändert?

Ich merke schon, dass sich da etwas tut. Immer wieder erkennen mich Leute auf der Straße und sprechen mich an. Es ist jetzt keine Flut an Autogrammwünschen, aber es kommt doch ab und zu vor.

In der Vergangenheit herrschte häufig Unruhe im Verband. Fühlen Sie sich optimal unterstützt?

Ich habe von den ganzen Streitigkeiten wenig mitbekommen, da wir Sportler weitestgehend in Ruhe gelassen wurden. Das hat vor allem Trainer und Vorstand beschäftigt. Der neue Präsident (Anm. Hans Spohn) hat bis jetzt gute Arbeit geleistet, wir sind sehr gut aufgestellt. Im Moment wüsste ich nicht, was ich noch brauchen könnte, ich bin rundum zufrieden.

ZUR PERSON

Vanessa Bittner, 20,löste Emese Hunyady als österreichische Rekordhalterin über 500, 1000 und 1500 Meter ab. Beim Weltcup in Stavanger schaffte die Tirolerin zuletzt über 1000 Meter als Dritte zum zweiten Mal in ihrer Karriere den Sprung auf das Podest.

Ab Freitag startet Bittner bei der Einzelstrecken-WM in Kolomna. 2015 gelangen der mehrfachen Juniorenweltmeisterin bei den Titelkämpfen gleich drei Top-Ten-Platzierungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2016)

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