Londons Bürgermeister für "Brexit": "Er kann nicht verlieren"

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BRITAIN-SYRIA-CONFLICT-POLITICS-EUAPA/AFP/CHRIS RATCLIFFE
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Boris Johnson wirbt für einen EU-Austritt. Für Premier Cameron ist das eine mittlere Katastrophe. Denn der Bürgermeister ist bei den Tories sehr populär: "Die Parteibasis liebt ihn."

Das Eintreten des Londoner Bürgermeisters Boris Johnson für einen Austritt Großbritanniens aus der EU beim bevorstehenden Referendum ist nach Einschätzung der britischen Politologin Melanie Sully von enormer Bedeutung für die Kampagne. Das Vorgehen des populären konservativen Politikers wertete Sully am Montag vor allem als strategischen Schritt.

Welch wichtige Rolle Johnson spielen könnte, hatten zuletzt auch Umfragen ergeben. Das Institut Ipsos MORI stellte kurz vor dem EU-Gipfel Mitte Februar die Frage, welche einer Reihe genannter Politiker und Persönlichkeiten für die Abstimmungsentscheidung der Befragten wichtig sein werde. 44 Prozent nannten Premierminister David Cameron. An zweiter Stelle landete mit 32 Prozent der Londoner Stadtchef und Parlamentsabgeordnete Johnson.

"Er ist immerhin Bürgermeister einer Stadt, die eine höhere Bevölkerungszahl hat als Österreich", unterstreicht Sully. Zudem sei London als sehr internationale Stadt laut Umfragen - ebenso wie Schottland - eher proeuropäisch. "Das heißt, wenn man hier auf ihn hört, könnte das Leute umstimmen." Johnson sei außerdem gerade bei jungen Menschen populär, von denen man erwarte, dass sie eher proeuropäisch gesinnt seien.

"Die lieben ihn"

Der Londoner Bürgermeister sei gleichzeitig aber auch bei der Parteibasis der Tories "extrem beliebt". "Die lieben ihn, er ist ein Liebling bei den Konferenzen", sagt Sully. "Cameron muss sich jetzt im Grunde auf die Labour Party und die Schottische Nationalpartei (SNP) verlassen, ihn aus diesem Schlamassel herauszuholen." Beide Parteien haben erklärt, bei dem für 23. Juni angekündigten Referendum für einen Verbleib Großbritanniens in der EU einzutreten.

Die Unterstützung Johnsons für die Austrittsbefürworter ist aus Sicht der Politologin und Leiterin des in Wien ansässigen Instituts "Go Governance" in erster Linie als strategischer Schritt zu sehen - vor allem im Hinblick auf die Nachfolge Camerons als Parteichef. Sully verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Art und Weise, wie Johnson seine Position am Sonntag präsentiert hat - ein bisschen so, wie ein britischer Premierminister normalerweise vor seinem Amtssitz in der Downing Street zur Presse spricht. Johnson - in Anzug und Krawatte - "hat das vor seinem Haus in London gemacht. Er hat gewusst, dass die Presse dort hingehen wird."

Auch wenn sich Johnson mit seinem Nein beim Referendum direkt gegen seinen Parteifreund Cameron stellt: "Er kann nicht wirklich verlieren", ist Sully überzeugt. Wenn das Referendum für einen Brexit ausgehen sollte, "war er auf der richtigen Seite". Wenn nicht, werde es vermutlich dauern, bis die Vereinbarungen mit Brüssel umgesetzt würden, "und ich glaube, Cameron muss trotzdem darüber nachdenken, ihm einen Job im Kabinett zu geben". Nicht zuletzt, um die EU-Skeptiker unter den Tories zufriedenzustellen und die Partei, die nach dem Referendum wohl ziemlich gespalten sein werde, wieder zu einen.

(APA)

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