Carinthischer Sommer: Vom Zwölftonwerk bis zur Drachenprinzessin

Österreich Bild 'Akkorde aus dem Süden. 40 Jahre Carinthischer Sommer'. Der Carinthische Sommer, Kärntens bedeutendstes Musikfestival, feiert in diesem Jahr das Jubiläum seines 40-jährigen Bestehens. Mit etwa 50 Veranstaltungen jeweils im Juli und August zieht das Kärntner Festival jährlich an die 20.000 Besucher und Künstler aus aller Welt in die Region um den Ossiacher See. Im Bild: Benediktinerstift Ossiach. Sendung:ORF2 12.07.2009 17:25Uhr.
Österreich Bild 'Akkorde aus dem Süden. 40 Jahre Carinthischer Sommer'. Der Carinthische Sommer, Kärntens bedeutendstes Musikfestival, feiert in diesem Jahr das Jubiläum seines 40-jährigen Bestehens. Mit etwa 50 Veranstaltungen jeweils im Juli und August zieht das Kärntner Festival jährlich an die 20.000 Besucher und Künstler aus aller Welt in die Region um den Ossiacher See. Im Bild: Benediktinerstift Ossiach. Sendung:ORF2 12.07.2009 17:25Uhr. (c) ORF
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Thomas Daniel Schlee hat das Kärntner Musikfestival zum 40.Jubiläum spannend programmiert.

„Tradition und Moderne“ – scheinbar Unvereinbares verschmilzt in Kärnten seit Jahr und Tag. Genau genommen, seit 40 Jahren. So alt ist der „Carinthische Sommer“, den Helmut Wobisch gegründet, den Gerda Fröhlich souverän weiterentwickelt, den nun Thomas Daniel Schlee prägnant positioniert hat. Im Sinn des carinthischen Festivalgeistes balanciert auch das Jubiläumsprogramm 2009 zwischen Ur- und Erstaufführungen, der Präsentation hierzulande viel zu wenig bekannter Größen, und klassisch grundierten Begegnungen mit Publikumslieblingen wie Robert Holl, Oleg Maisenberg, Karl Markovics, Rudolf Buchbinder oder Mnozil Brass.

Auch in scheinbar gewohnten Gefilden setzt Schlee Akzente. So musiziert das philharmonische Steude-Quartett im Verein mit Barbara Moser (22.8., Stiftskirche Ossiach) u.a. das selten gespielte, doch „kostbare“ (Schlee) Klavierquintett von Franz Schmidt, Bruno Ganz liest im Rahmen einer Aufführung von Paul Hindemiths grandiosem Rilke-Zyklus „Das Marienleben“ (16.8.), die Kooperation mit dem Kärntner Landesmusikschulwerk beschert eine Begegnung mit der „anderen“ Zwölftonschule, die nicht von Schönberg, sondern von Josef Matthias Hauer ihren Ausgang nahm und zu Karl Heinz Füssl und Nikolaus Fheodoroff führte.

Zum Auftakt knüpft man wieder an die Tradition der Kirchenoper an, die in Ossiach seit der legendären Premiere von Benjamin Brittens „Verlorenem Sohn“, der über Jahre hin so etwas wie der Kärntner „Jedermann“ war, im Mittelpunkt des Interesses steht. Diesmal erlebt „Passion und Auferstehung“ des britischen Komponisten Jonathan Harvey ihre österreichische Erstaufführung (10.7., Stiftskirche Ossiach, 20.30 Uhr).

Composer in residence: Jonathan Harvey

Harvey, Jahrgang 1939, von Pierre Boulez einst ans Pariser IRCAM eingeladen, war Schüler von Britten und zählt auch als Lehrer zu den wichtigsten Figuren der zeitgenössischen Musik in Großbritannien. Schlee konnte Harvey als Composer in residence für 2009 verpflichten. So kommt es erstmals zu einer österreichischen Harvey-Retrospektive, mit auch etlichen kleiner besetzten Werken, etwa einer Auftragskomposition. Das Ensemble „schnittpunktvokal“ bringt sie am 16. Juli in der Villacher Nikolai-Kirche, neben Novitäten von Hui Ye (China), Jean-Louis Matinier (Frankreich) und Guido Morini (Italien), allesamt für das carinthische Jubiläum komponiert.

In Villach steht beim „Eröffnungskonzert“ (Congress, 13.7.) nebst Beethoven („Eroica“) und Liszt ein Werk von Schlee selbst auf dem Programm, Zoltán Kocsis dirigiert die ungarische Nationalphilharmonie. Dem Jahresregenten huldigt man in der Stiftskirche Ossiach mit Händel'schen Arien und Concerti (inkl. „Wassermusik“) mit dem Concerto Köln (3.8.) und Haydns „Schöpfung“ mit der Cappella Nova und dem Orfeo Barock Orchester unter Otto Kargl (13. 8.). Pianist Rudolf Buchbinder stellt sich am 25. August als Dirigent vor und musiziert mit der Camerata Salzburg im Villacher Congress Haydns „Londoner“ Symphonie und Klavierkonzerte von Mozart und Beethoven.

Für Kinder bietet der Carinthische Sommer nebst Veranstaltungen mit Folke Tegetthoff (18.7.) und Schülern des Kärntner Landesmusikschulwerks (20.7.) eine Märchenoper der taiwanesischen Komponistin Ling Wang: „Die Drachenprinzessin“ wird am 5. August im Villacher Congress uraufgeführt und bis 16.8. täglich gespielt.

Schlee hofft indessen auf ein wenig mehr finanzielle Zuwendung. Derzeit gibt es von Bund und Land zwar freundliche Unterstützung für das breit gefächerte, intellektuell anspruchsvolle Programm. Doch „mit, sagen wir, 100.000 Euro mehr könnte ich die Dinge auf eine höhere, eine internationale Ebene heben“, sagt Schlee – und meint damit keineswegs die Qualität seines Programms, sondern die Umstände und technischen Bedingungen für die Veranstaltungen.

Info: www.carinthischersommer.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2009)

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